Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" Leona Wirtz: "Ich sehe mich in keinem anderen Beruf"

BONN · Die 25-jährige Leona Wirtz betreut für die Organisation Help Projekte im Südsudan und auf den Philippinen.

 Aktenberge und Projektanträge: Leona Wirtz in ihrem Büro an der Reuterstraße.

Aktenberge und Projektanträge: Leona Wirtz in ihrem Büro an der Reuterstraße.

Foto: Barbara Frommann

Die Fotos, die Leona Wirtz mitgebracht hat, zeigen Menschen an einer Wasserpumpe auf staubiger, roter Erde. Sie füllen Wasser in schmutzig-gelbe Plastikkanister ab. Die Frauen tragen bunte Tücher mit Karomustern oder Blumen, ihre Haut ist tiefschwarz, die Haare sind kurz geschoren und ihr Blick ist ernst. Nur ein paar Männer lächeln sehr verhalten. Ihre grauen Polohemden mit gelbem Aufdruck weisen sie als Mitarbeiter der Hilfsorganisation "Help - Hilfe zur Selbsthilfe" aus.

Auch Leona Wirtz trägt auf den Fotos so ein Hemd. Auf einem pumpt sie, umgeben von Kindern, Wasser aus der Pumpe, auf einem anderen steht sie etwas abseits. Sie trägt eine neonorangefarbene Brille, die Elton John zur Ehre gereichen würde. Und sie lächelt auf den Bildern, die bei der Einweihung eines Brunnens gemacht wurden. Der Optimismus und die Leichtigkeit, die sie ausstrahlt, spiegeln nur eine Seite ihrer Arbeit wider. Die Fotos wurden vor wenigen Tagen im Südsudan gemacht.

Dort, im Bundesstaat Lakes, verschaffte sich Wirtz, die als Programmreferentin für Help arbeitet, einen Eindruck von einem Projekt, bei dem unter anderem Brunnen gebohrt und Toiletten gebaut werden. "Das Projekt ist nachhaltig angelegt", sagt Wirtz. Es gehe darum, die Hygienebedingungen zu verbessern. Derzeit würden die Menschen keine Toiletten benutzen, sondern in den Busch gehen. Davon würden viele krank werden. Eine hygienischere Lebensweise würde aber bedeuten, dass unter anderem weniger Kinder krank werden. Das wiederum habe Auswirkungen auf ihre Fähigkeit, zu lernen. So führe bessere Hygiene zu mehr Gesundheit und besserer Bildung.

Auch wenn ihr Vater beim Deutschen Entwicklungsdienst arbeitete und sie in Laos aufwuchs: Dass auch sie in die Entwicklungshilfe geht, stand für die 25-Jährige keineswegs fest. Nachdem sie im Alter von elf Jahren nach Deutschland zurückgekehrt war, ging sie in Bad Godesberg auf das Nicolaus-Cusanus-Gymnasium. Und wusste danach eigentlich nicht so recht, wo es hingehen soll. "Reisebegeistert", zweisprachig aufgewachsen - die Mutter ist Amerikanerin -, Studium mit den Schwerpunkten Kultur und Sprache in Dänemark.

Über ein Praktikum bei Help landete Leona Wirtz doch in der Entwicklungshilfe. Mittlerweile ist sie seit zwei Jahren bei Help und dort zuständig für die Philippinen und den Südsudan.

Viel Zeit verbringt sie hinter Aktenbergen in ihrem Büro und bearbeitet Projektanträge. "Wir müssen jeden Nagel dokumentieren und haben alle Vierteljahre Prüfer von öffentlichen Gebern im Haus." Die Bürokratie gehöre eben auch zu ihrem Bürojob in Deutschland, der aber auch seine Vorteile habe. "Es ist bequem hier", sagt Wirtz. Und meint wohl weniger den wackligen Bürostuhl als vielmehr die Tatsache, dass Trinkwasser aus dem Hahn kommt, die Geschäfte voller Lebensmittel sind und man sich auf der Straße sicher bewegen kann.

Im Südsudan, wo Wirtz noch wenige Tage zuvor war, herrscht derzeit Bürgerkrieg. Hilfsorganisationen berichten von Gräueltaten und unvorstellbaren Grausamkeiten. "Ich habe von den Kampfhandlungen nichts mitbekommen, aber man redet mit den Kollegen. Das ist schon traurig", sagt Wirtz. Ein Mitarbeiter von Help habe aus der Stadt Juba berichtet. "Er erzählte, dass Leichen auf den Straßen lagen."

Manchmal, sagen Wirtz und ihr Kollege Fabian Nolde, der das Projekt im Südsudan maßgeblich betreut, manchmal, wenn man zurückkomme nach Deutschland, dann sei es schon bizarr, wenn man den Überfluss in deutschen Supermärkten sehe. "Wir arbeiten dafür, dass es den Menschen besser geht", sagt Wirtz. "Ich sehe mich in keinem anderen Beruf."

Typisch bönnsch

Das sagt Leona Wirtz über ihre Heimat:

An Bonn gefällt mir sehr gut die rheinische Gemütlichkeit und das viele Grün in der Stadt.

Ich vermisse die Rheinkultur.

Mein Lieblingsplatz ist mein Balkon in Kessenich.

Typisch bönnsch ist die Verbindung aus Kleinstadt und Weltstadt.

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