Neue Planungsdezernentin der Uni Bonn Marion Duisberg spricht über Herausforderungen in Bonn

Bonn · Die bisherige kommissarische Leiterin des Städtischen Gebäudemanagements ist vom Stadthaus als Planungsdezernentin in die Bonner Universität umgezogen. Im Interview mit dem General-Anzeiger spricht sie über die Herausforderungen in Bonn.

 Nicht mehr für die Stadt Bonn, sondern für die Uni ist Marion Duisberg  jetzt tätig.

Nicht mehr für die Stadt Bonn, sondern für die Uni ist Marion Duisberg  jetzt tätig.

Foto: Meike Böschemeyer

An diesem Montag wechselt die langjährige kommissarische Leiterin des Städtischen Gebäudemanagements (SGB) Marion Duisberg als Planungsdezernentin an die Rheinische Friedrich Wilhelm-Universität in Bonn. Die Ratsmehrheit aus CDU, Grünen und FDP hatte eine Beförderung der 53-Jährigen an die Spitze des stadteigenen Betriebs abgelehnt. Stattdessen sitzt jetzt Lutz Leide auf dem Chefsessel im SGB. Mit Duisberg sprach Lisa Inhoffen.

Sieben Jahre haben Sie das SGB kommissarisch geführt. Jetzt haben Sie mit Lutz Leide einen neuen Chef bekommen. Gehen Sie aus Frust?

Marion Duisberg: Nein. Ich habe immer gerne bei der Stadt Bonn gearbeitet. Ich habe mich auf die Stelle als Planungsdezernentin bei der Universität beworben, weil mich eine neue Aufgabe gereizt hat.

Wären Sie gerne SGB-Chefin geworden?

Duisberg: Ja, ich hatte mich ja auch beworben. Aber ich bin Bauingenieurin. Gewünscht war jedoch jemand, der auch eine kaufmännische, eine betriebswirtschaftliche Ausbildung mitbringt. Die habe ich nicht. Ich bin überzeugt, dass der Rat mit Herrn Leide eine gute Wahl getroffen hat. Er bringt beide Kompetenzen – die technische und kaufmännische - mit.

Das SGB steht oft in der Kritik. Verstehen Sie das?

Duisberg: Eigentlich nicht. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel in Bonn gebaut, was lautlos und ohne großes Aufsehen über die Bühne gegangen ist. Vor allem im Bildungsbereich waren und sind wir noch viel unterwegs. In der Zeit, in der ich beim SGB tätig bin, haben wir 583 Millionen Euro umgesetzt. Wir haben allein 189 Millionen Euro in Schulbauten investiert. 52 Millionen sind in den Kita-Neubau geflossen. Wir haben seit 2012 circa. 30 Kindergärten neu gebaut. Das waren so viele wie nie zuvor. Natürlich haben wir auch in die Bestandsgebäude der Verwaltung investiert, wir investieren kontinuierlich in die Gebäude der Feuerwehr, auch in die Oper. Das bedeutet, wir haben das Anlagevermögen der Stadt Bonn nicht nur erhalten, sondern auch erheblich gesteigert. Immerhin von 745 Millionen Euro auf 856 Millionen Euro. Wir haben unterm Strich deutlich mehr investiert als abgeschrieben.

Gestiegen ist damit aber auch die Mitarbeiterzahl beim SGB…

Duisberg: Wir haben im Vergleich zu 2012 rund 60 Mitarbeiter mehr. Wir hatten in meiner Anfangszeit 343, jetzt haben wir genau 401. Daran sieht man aber sehr gut, dass wir trotz der wachsenden Herausforderungen den Personalbestand nur maßvoll gesteigert haben.

Reicht diese Zahl jetzt aus?

Duisberg: Wir haben im Rat im Juli 2018 vorgestellt, dass wir für Projekte und zur Reduzierung des Sanierungsstaus 64 zusätzliche Mitarbeiter brauchen. Hiervon haben wir seither 12 binden können. Es mangelt auch bei uns an Fachkräften, vor allem im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) und des Ingenieurwesens.

Sie sagen, dass das SGB auch laufend in die Oper investiert. Dabei steht noch nicht fest, ob die Oper womöglich sogar abgerissen und neu gebaut werden soll. Ist das Geld damit nicht zum Fenster rausgeschmissen?

Duisberg: Wenn man die Oper weiter bespielen will, sind die laufenden Investitionen alternativlos. Im Wesentlichen geht es um Investitionen in den Brandschutz und die Arbeitssicherheit.

Der OB hat kürzlich öffentlich erklärt, er persönlich sei gegen einen Abriss und Neubau der Oper. Es müssten lediglich Reparaturarbeiten ausgeführt werden. Eine Sanierung wie bei der Beethovenhalle halte er nicht für notwendig. Hat er Recht?

Duisberg:  Wir warten da noch auf vertiefende Untersuchungen zur Oper. Ohne die Ergebnisse zu kennen, kann ich abschließend dazu nichts sagen.

Wie marode sind die Schulen?

Duisberg: Wir haben auf der einen Seite schon viel gemacht, es muss aber noch ohne Ende investiert werden. Wir haben nach wie vor einen riesigen Sanierungsstau. Der hat sich aber über Jahrzehnte aufgebaut. Wir sind dazu übergegangen, die Sanierungsmaßnahmen zu bündeln, anstatt immer nur kleinteilig an der einen oder anderen Schule zu reparieren. Wir machen mit diesem Vorgehen gute Erfahrungen, es ist einfach effektiver.

Wo drückt die Schulen baulich gesehen am meisten der Schuh?

Duisberg: Wir werden immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Jetzt haben wir das große Thema Digitalisierung. Dann gibt es neben der permanenten Instandsetzung der Gebäude auch ständigen Erweiterungsbedarf an den Schulen. Bonn wächst, wir haben immer mehr Schüler und Schülerinnen. Dazu kommt die Inklusion: Die Zeiten, dass Schüler in Klassenräumen links und rechts des Flures unterrichtet werden, sind vorbei. Schulen haben heute ganz andere Raumbedarfe, denen wir Rechnung tragen müssen.

Bonn ist Klimastadt: Wie steht es um die energetische Sanierung der städtischen Immobilien?

Duisberg: Oh, da haben wir noch alle Hände voll zu tun. Der Sanierungsstau liegt ja in wesentlichen Teilen bei der energetischen Sanierung. Einschließlich der Heizungsanlagen, die in vielen Gebäuden der Stadt Bonn erneuert werden müssten. Natürlich ausgenommen die Neubauten.

Wenn Sie zurückblicken, was ist aus Ihrer Sicht beim SGB nicht gut gelaufen?

Duisberg: Da fällt mir zuallererst der ständige Spagat ein, den wir machen müssen, weil wir auf der einen Seite immer mehr Aufgaben haben, auf der anderen Seite aber stets zu wenig Mitarbeiter hatten und noch haben. Das Problem ist, wie gesagt, dass wir seit langem auf dem Markt nicht mehr genügend Fachkräfte finden.

Erstaunlich, dass Ihnen auf diese Frage nicht das Desaster um die Sanierung der Beethovenhalle als erstes in den Sinn kommt…

Duisberg: Von einem Desaster zu sprechen, ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Grundsätzlich muss man sagen, dass viele Projekte der öffentlichen Hand nur schwierig umzusetzen sind. Wir haben viel schwierigere Bedingungen als die Privatwirtschaft. Das betrifft vor allem das strenge Vergaberecht für die öffentliche Hand. Bei der Beethovenhalle kommt hinzu, dass man nicht von Anfang an klar definiert hat, was eigentlich die Aufgabenstellung ist. Das lag sicherlich daran, dass man bis zum Beethoven-Jubiläum die Halle wieder nutzen wollte. Man hat auch nicht hinreichend Voruntersuchungen angestellt und man ist anfangs bei der Vergabe des Architektenauftrages noch von einer Renovierung ausgegangen. Auch der Fachkräftemangel spielt sicher eine große Rolle. Auch ist der Baumarkt deutlich überhitzt. Wir haben Angebote bekommen, die deutlich über den Schätzkosten lagen. Aber nicht, weil die Schätzungen zu schlecht waren, sondern weil die Preise in die Höhe geschossen sind.

Wie hätte man dem denn entgegenwirken können?

Duisberg: Man muss die Projektziele vor Beginn der Maßnahme definieren und auf dieser Basis gründliche Voruntersuchungen durchführen und die Projektbeteiligten auswählen. Wenn die Planer leistungsfähiger gewesen wären, wenn die Firmen leistungsfähig gewesen wären, die Vergaben besser geklappt hätten und das Problem mit der Baugrundsituation nicht entstanden wäre, hätte es klappen können. Das Ganze ist ein Zusammenspiel vertrackter Umstände.

Welche Lehre ziehen Sie aus der Beethovenhalle?

Duisberg: Ich würde heute nicht mehr mit dem Bau beginnen, wenn nicht klar ist, welche Anforderungen die Nutzer an das Gebäude haben, sie also nicht klar definiert sind. Auf dieser Grundlage müssen sehr umfassende Bestandsuntersuchungen vorgenommen werden, was auch einen größeren zeitlichen Vorlauf bedeutet.

Sie haben ja wegen der Beethovenhalle und auch des Hauses der Bildung, das am Ende rund fünf Millionen Euro teurer geworden ist, viel Prügel einstecken müssen. Wie gehen sie mit solcher Kritik um?

Duisberg: Wenn wir Gebäudemanager uns treffen, berichten eigentlich alle dasselbe. Die Probleme, über die wir gerade gesprochen haben, sind ja nicht Bonn-spezifisch. Die gibt es in fast allen anderen Städten. Insofern sind der Druck und die Belastungssituation meiner Kollegen und Kolleginnen und die Unzufriedenheit der Politik in anderen Kommunen ähnlich.

Sie wirken eigentlich immer gelassen, auch wenn es in den Gremien hoch her geht und Sie mal wieder Kritik einstecken müssen. Wie gelingt Ihnen das?

Duisberg: Wie gesagt, den Konflikt mit der Politik haben meine Kollegen auch. Ich bin bodenständig und sehr naturverbunden. Da nimmt man vielleicht einiges leichter.

Fühlen Sie sich nicht von der Politik oft auch ungerecht behandelt?

Duisberg: Ich fühle mich durch die Kritik aus den politischen Reihen nicht ungerecht behandelt, sondern eher schlecht verstanden. Aber nehmen Sie das Haus der Bildung, da hat die Politik ja auch viel über das SGB geschimpft. Das wird aber doch heute toll angenommen, es ist für alle Bürger jeden Alters da, jeder Bereich funktioniert sehr gut. Demgegenüber diskutieren wir immer nur darüber, dass das Haus der Bildung einige Millionen teurer geworden ist? Da hat die Politik anfangs im übertragenen Sinne den Kauf eines Kleinwagens erwogen, bestellt wurde aber ein Wagen der gehobenen Klasse. Die Bonner Bürger sollten aus meiner Sicht offener sein, Erfolge in ihrer Stadt auch anzuerkennen, anstatt alles schlecht zu reden. Keiner spricht zum Beispiel über die beiden Schulneubauten für die Marie-Kahle-Schule und Bonns Fünfte. Da sind wir bei beiden Projekten im Zeit- und Kostenplan geblieben.

Das WCCB, dessen Fertigstellung ja auch in Ihre Amtszeit fällt, sollte ursprünglich die Stadt nichts kosten, am Ende landete man bei 300 Millionen. Wer hat denn da etwas nicht verstanden?

Duisberg: Ich bin erst dazu gekommen, als es um die Fertigstellung ging. Da war die Geschichte mit dem Investor ja bereits gelaufen. Ich bin der Meinung, es war richtig, dass die Stadt Bonn den Erweiterungsbau des Kongresszentrums selbst fertig gebaut hat. Sie profitiert heute sehr davon, das hat einen enormen Mehrwert für die ganze Stadt.

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