Mein Lieber Prinz H.,
ich kam genau vor 40 Jahren als junges, unerfahrenes Mädchen aus einem kleinen Dorf nach Bonn. Ich war noch ziemlich naiv, aber offen und neugierig, was diese "Weltstadt", die in meinen Augen in der Rangfolge direkt nach New York oder Berlin kam, mir wohl bringen würde.
Du kamst nach neun Jahren Internatsaufenthalt zurück in Dein rheinisches Dörfchen, wohntest wieder bei Deinen Eltern und studiertest schon fleißig an der Bonner Uni.
Jeder von uns ging am 8. Februar 1969 zur Beethovenhalle, wo die Bonner Schwimmsportfreunde den "Paradiesvogel" als Karnevalsveranstaltung ausrichteten. Ich, als Chinesin verkleidet, ging mit meinen neuen Freundinnen dorthin, und Du, als Russe getarnt, mit Deinem dörflichen Junggesellenverein.
Und es kam, wie es kommen musste: Der Russe sprach die Chinesin im Großen Saal links unter der Treppe an und bat sie um einen Tanz. Wir mochten uns gleich, Du holtest mich immer öfter zum Tanz, meine Freundinnen sahen mich kaum noch und wir blieben bis zum Ende der Veranstaltung um vier Uhr früh.
Wir verabredeten uns für den nächsten Donnerstagabend - Weiberfastnacht. (...) Würde ich Dich wiedererkennen? Zum Glück hatte ich ein Hilfsmittel: meine ausgeprägte innere Vorstellungskraft. Du hattest große Ähnlichkeit mit Prinz Charles, die dunklen Haare mit der Stirnlocke, das längliche Gesicht, das spitzbübische Lächeln. Ja, daran würde ich Dich erkennen! (...)
Wir heirateten am heißesten Tag des Jahres 1971. (...) Anders als Charles leben wir aber immer noch zusammen, obwohl es auch bei uns eine Schwiegermutter gab. Dass wir das können, und dass Du dazu in der Vergangenheit bereit warst und immer noch bist, dass Du mit Deinem Humor meine Macken so lange toleriert hast und es immer noch tust, mich zur Kritik herausforderst, dafür danke ich Dir, - ich wäre ohne Dich nicht das geworden, was ich jetzt bin!!!
Ich fühle mich in Deiner Gegenwart einfach sehr wohl - und das möchte ich Dir in dieser Form einmal öffentlich sagen.
In Liebe, deine C.
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