Mieterprotest: "Bürgerschrei" findet großen Widerhall

Der Widerstand von Mietern der Vereinigten Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag) gegen deren Umsiedlungsstrategie formiert sich weiter.

 Auch aus dieser Häuserzeile in der Germanenstraße seien die meisten Mieter bereits vertrieben worden, berichtet die Initiative.

Auch aus dieser Häuserzeile in der Germanenstraße seien die meisten Mieter bereits vertrieben worden, berichtet die Initiative.

Foto: Ottersbach

Bad Godesberg. Der Widerstand von Mietern der Vereinigten Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag) gegen deren Umsiedlungsstrategie formiert sich weiter. Der größte Bonner Abieter von öffentlich geförderten Mietwohnungen versucht seit Juli, die Bewohner der Häuser Turmstraße 12 und 14 zum Umzug in die Amerikanische Siedlung zu bewegen.

Ziel sei, aus dem Filetgrundstück am Rhein durch Neubau von Luxuswohnungen Gelder für sozialen Wohnungsbau an anderem Ort zu erwirtschaften, so die Vebowag dem GA gegenüber. "Nun haben wir eine regelrechte Lawine losgetreten", berichtet Heidrun Schneider-Ziegler am Dienstag über die Aktion "Bürgerschrei.de".

Solidarische Godesberger würden ihnen die Bude einrennen. Unterschriften in dreistelligem Bereich unterstützten den Bürgerantrag, den man in der Bezirksvertretungssitzung am 3. November stellen will.

"Und wir stehen mit unserem Schicksal nicht alleine da", betont Schneider-Ziegler. Erschütternde Berichte von anderen Vebowag-Mietern erreichten sie täglich neu.

In den Häusern Wurzerstraße 65 bis 69, Germanenstraße 71 bis 83 und Viktoriastraße 55 bis 59 sowie in einem Haus am Steubenring seien die meisten Mieter, mit für die Gruppe ebenso empörenden Mitteln, schon "vertrieben" worden. Von einer Mieterfamilie weiß Schneider-Ziegler, dass sie gegen die Vebowag prozessiert.

Vor Ort präsentieren sich diese Häuserzeilen denn auch gespenstisch. Vor Eingängen türmen sich nur noch Müllreste. Einige alte Mieter, die zum Teil schon seit 1961 vor Ort leben, wollen jedoch weiter ausharren. "Einer sagte mir, er würde sich lieber umbringen, als wegziehen zu müssen", ist Schneider-Ziegler bestürzt.

Die Gruppe "Bürgerschrei" formulierte deshalb anlässlich der Vebowag-Aufsichtsratssitzung am Mittwoch einen geharnischten Brief, der dem GA vorliegt. Wer den Jahresbericht der Wohnungsbau AG lese, dem werde nicht verständlich, wieso die Vebowag so dringend bestehende Wohngemeinschaften in erst vor ein paar Jahren sanierten Häusern zerschlagen müsse.

"Warum wurden in den Geschäftsjahren 2008 bis 2010 etwa 2,1 Millionen Euro vom Jahresüberschuss nicht in die Rücklagen und somit in den sozialen Wohnungsbau investiert? Hierdurch könnten 56 bis 70 Wohnungen gebaut werden." Warum habe die Vebowag 2009 allein 155 Bonner Wohnungen länger als drei Monate leer stehen lassen, wenn sie jetzt so ein Vollzugstempo an den Tag lege? Auch städteplanerisch sei der Abriss ihrer Häuser nicht zu verantworten. "Das bedeutet eine fortschreitende Ghettoisierung in Plittersdorf", schreiben die "Bürgerschrei"-Vertreter.

Wobei dieser Punkt Peter Finger durchaus Bauchschmerzen zu bereiten scheint. "Ich sehe die sozialräumliche Problematik sehr wohl", sagt der neue Vebowag-Aufsichtsratsvorsitzende auf GA-Anfrage. Er werde der Vebowag nahelegen, in der Gesamtthematik für ganz Bonn ein Konzept zu entwickeln.

Nur leider stünden der AG überhaupt nur sehr wenige Grundstücke zur Verfügung, aus denen sie sinnvoll Kapital machen könnte. Und das sei leider unbedingt nötig, um die von der Stadt geforderten jährlich rund 200 neuen Wohnungen bauen zu können.

"Die Vebowag hat beileibe kein Eigenkapital", widerspricht Finger den Mietern. Er werde in der heutigen Aufsichtsratssitzung unbedingt für einen Kompromiss plädieren.

Man müsse die Turmstraßen-Mieter mit ins Boot holen, und zwar durch das Angebot, dass sie demnächst am Steubenring unter adäquaten Konditionen zusammenwohnen können. "Da muss die Vebowag sich verdammt noch mal Gedanken machen, dass das nicht im Hauruckverfahren geht."

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