Mitarbeiter versilbern Schrott ihrer Firma

Unternehmer kündigt fristlos - Angestellter klagt vor Gericht

Bonn. Otmar F. (Name geändert) ist fassungslos: Nach mehr als 30 Jahren im Betrieb hat ihm sein Chef fristlos gekündigt. Mit F. müssen auch zwei Kollegen gehen. Der Vorwurf: Die drei Männer sollen den Unternehmer jahrelang bestohlen haben.

Der 55-Jährige, der in der Werkstatt der Spedition tätig war, bestreitet den Vorwurf und hat gegen seine Kündigung im Arbeitsgericht Bonn vor der sechsten Kammer Klage eingereicht.

Otmar F. und seine Kollegen sollen über Jahre wertvollen Aluminiumschrott nicht in einen auf dem Betriebshof aufgestellten Container entsorgt, sondern auf eigene Faust verkauft haben. Immerhin um die 120 Euro seien pro Fuhre zusammengekommen. Aufgeflogen war die Sache kurz vor Weihnachten im vorigen Jahr, als ein anderer Mitarbeiter den Chef über die Verkaufsaktionen informierte.

Der Kläger bestreitet den Schrotthandel nicht, allerdings hätten er und seine Kollegen nicht gewusst, dass das nicht erlaubt gewesen sei. "Das haben wir doch immer so gemacht", erklärt er. Hätte sein Mandant gewusst, dass das nicht gewünscht sei, hätte er die Finger davon gelassen, ergänzt sein Anwalt.

Der Unternehmer und sein Rechtsbeistand verweisen darauf, der Kläger hätte spätestens zum Zeitpunkt, als der Alu-Container aufgestellt worden war, erkennen müssen, dass der private Handel nicht im Sinne der Firma sein könne. Vorher hatte es lediglich einen Mischcontainer für alle Sorten Schrott gegeben. "Wir haben aber erkannt, dass Aluschrott sehr viel wertvoller als etwa Stahlschrott ist und deshalb 2005 den zusätzlichen Container aufgestellt und den Werkstattleiter informiert", erklärt der Unternehmer.

Davon will der Kläger nie etwas erfahren haben. Er habe weiterhin mit den Kollegen den Aluschrott ohne Gewissensbisse versilbert, versichert er, und davon habe der Werkstattleiter auch gewusst. Die Kammervorsitzende hakt nach: "Was haben Sie denn geglaubt, was in den Alu-Container hinein sollte?" Der Kläger zuckt mit den Schultern.

Es habe schließlich nichts auf dem Container draufgestanden. Sein sehnlichster Wunsch: Er möchte wieder zurück in seinen alten Job. Er habe sich doch beim Chef, den er von Kindesbeinen an kennt und mit dem er sich duzt, für sein Fehlverhalten entschuldigt, wirbt der Anwalt des Klägers um Nachsicht. Doch der Unternehmer lehnt ab. "Das Vertrauen ist dramatisch gestört", erklärt sein Anwalt.

Das Urteil: Die fristlose Kündigung ist unwirksam, nicht aber eine ordentliche Kündigung. Bis zum Ablauf der Frist Ende Juni muss das Unternehmen dem Kläger deshalb den noch ausstehenden Lohn zahlen.

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