Mord in der Antike

Wer gräbt, der findet. Und in historischem Boden zu buddeln, kann gerade in Bonn zu besonderen Ergebnissen führen. Wie derzeit zu sehen an der Baugrube am Brassertufer, aber auch in dem Areal der früheren City-Passage an der Vivatsgasse.

Mord in der Antike
Foto: Max Malsch

Bonn. Wer gräbt, der findet. Und in historischem Boden zu buddeln, kann gerade in Bonn zu besonderen Ergebnissen führen. Wie derzeit zu sehen an der Baugrube am Brassertufer, aber auch in dem Areal der früheren City-Passage an der Vivatsgasse.

Am Brassertufer, wo die "Rheinlogen" entstehen, wurde die Besiedelung aus dem 8. Jahrhundert nachgewiesen, aber römische Spuren nicht im Maße wie erwartet, sagte Michael Gechter vom Landschaftsverband jetzt bei einem Ortstermin.

In den Resten der Gertrudiskapelle und auf einem kleinen Friedhof davor wurden bisher 25 Gräber mit Skeletten gefunden, so Grabungsleiter Gary White. "Und wir erwarten noch weitere." Grabbeigaben gab es nicht, aber barocke Kleinfunde, vor allem Weingläser.

Die Skelette wurden teilweise zu zweit begraben, deshalb tippt White auf Familienbestattungen. "Das werden jetzt Anthropologen klären." Auf jeden Fall würden karolingische Gräber nicht so oft gefunden. Durch die Grabungen, die noch bis Ende Februar dauern, verzögert sich der Bau der 70 Eigentumswohnungen, von denen bereits 60 Prozent verkauft sind. "Die Fertigstellung wird daher bis zum Frühsommer 2012 dauern", so der Chef der Nord-Süd Hausbau, Frank Talmon l'Armée. Eventuell sogar noch später, wenn Hochwasser dazwischen kommt.

Auch unter der früheren City-Passage zwischen Vivatsgasse und Dreieck sind Archäologen fündig geworden. Drei Skelette aus römischer Zeit, drei Öfen, drei Brunnen und mehrere Gruben deuten auf römische Besiedelung aus dem 1. Jahrhundert. Es fanden sich vier verrostete und nicht mehr lesbare römische Münzen, mehrere Gläser und Krüge und eine verzierte Schale.

Deshalb glaubt Grabungsleiter Johannes Englert: "Da wohnten damals keine armen Leute." Sein Team fand Exponate bereits in zwei Metern Tiefe. Das lag daran, dass die Passage auf einer Seite nicht unterkellert war. Offensichtlich lag der Schutt, auf dem sie gebaut war, schon Jahrhunderte dort. Eine spannende Geschichte verbindet sich mit einem der drei Skelette.

Dieser Tote war sehr schnell in einem Brunnen verscharrt worden und mit Bauschutt zugedeckt worden, was womöglich darauf schließen lässt: Der unbekannte Römer wurde umgebracht. Ein weiterer Schädel weist ein Loch auf, das auf eine Schädel-OP vor 1 800 Jahren hindeutet. Dieser Tote wurde auf dem zugeschütteten Brunnen beerdigt.

Aber nicht überall sind Funde zu erwarten. Auf dem Areal der Sparkasse am Friedensplatz ist Bauherr Pro Bonnum relativ sicher, dass die Suche ergebnislos bleibt, weil unter der Hauptstelle ein Keller und eine Tiefgarage sind. "Wir rechnen höchstens damit, dass an der alten Stadtmauer hinter dem Areal etwas ans Tageslicht kommt", so Geschäftsführer Helmut Laufer.

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