Musterklage für vierte Gesamtschule

Bonn zieht als erste Stadt des Landes für diese Schulform vor Gericht - Die meisten Kommentare sind zustimmend

Musterklage für vierte Gesamtschule
Foto: Max Malsch

Bonn. Das Eilverfahren, mit dem die Stadt Bonn Anfang kommender Woche gegen den ablehnenden Bescheid zur Errichtung einer vierten Gesamtschule klagt, wird eine Art Musterklage für diese Schulform in Nordrhein-Westfalen. Zumindest geht Bonn als erste Stadt des Landes diesen Weg.

Der werde auch weiterverfolgt, falls ein Eilverfahren vom Verwaltungsgericht abgelehnt werde, sagte Schuldezernentin Angelika Maria Wahrheit am Freitag.

Entscheidender Streitpunkt ist: Darf die Bezirksregierung (wie in Bonn wieder geschehen) vorschreiben, dass zur Leistungsmischung unter den mindestens 112 Schülern in einer Gesamtschule ein Drittel mit mindestens eingeschränkter Gymnasialempfehlung gehören muss? Diese Bedingung steht nicht im Schulgesetz. In Bonn waren es schließlich 30 Schüler. 38 wären nötig gewesen, schrieb die Bezirksregierung.

Um diese Frage endlich zu klären, sei es richtig zu klagen. Das war der Tenor der ersten Kommentare vom Donnerstag, und das bekräftigtenam Freitag Ingo Degenhardt, Vorsitzender des regionalen Deutschen Gewerkschaftsbunds Bonn/ Rhein-Sieg/Oberberg, und Johanna Holch, für Schulfragen zuständige Stadtverordnete des Bürgerbundes Bonn. "Eine Schande", nannte Degenhardt die Entscheidung. Eine höchstrichterliche Entscheidung sei "mehr als überfällig", erklärte Holch.

Auch Joachim Thomas, Leiter der Troisdorfer Gesamtschule und von der Bezirksregierung mit der Durchführung des Anmeldeverfahrens in Bonn beauftragt, nannte die Kölner Sichtweise "sehr formal". Abgesehen davon, dass "ein Drittel von 112 nicht 38" sei (vielmehr 37,33): Als langjähriger Lehrer und schließlich Leiter einer Gesamtschule könne er die Entscheidung nicht nachvollziehen, sagte er dem GA am Donnerstag.

Die geforderte Leistungsmischung sei bei den Bonner Zahlen ohne Weiteres gegeben und mehr als ausreichend. Thomas: "Ich gehe sogar so weit zu sagen: Ich kenne keine Gesamtschule, die mit so vielen als leistungsstark eingestuften Schülern gestartet wäre."

Zugleich schloss sich der Troisdorfer dem Eindruck einiger Beobachter vom Donnerstag an, dass die Bezirksregierung offenbar "schon vorher entschieden hatte, wie sie auf verschiedene Ergebnisse aus Bonn reagieren werde". So schnell sei die Kölner Antwort nach dem ersten telefonischen Kontakt eingetroffen.

Sehr gemischt bot sich dagegen das Stimmungsbild in Reihen der CDU dar. Ratsfraktionschef Benedikt Hauser hatte sich in einer ersten Reaktion nach der Kölner Entscheidung dafür ausgesprochen, "jetzt zügig eine Entscheidung vor Gericht" herbeizuführen. Das begrüßte tags darauf auch Martin Berg, CDU-Obmann im Schulausschuss.

Dagegen nannte Axel Voss, Vorsitzender der Bonner CDU, das Vorhaben zu klagen "eine doppelte Unverfrorenheit. Oberbürgermeisterinin Bärbel Dieckmann habe sich jahrelang gegen eine weitere Gesamtschule ausgesprochen. Und nun erzeuge sie "weitere Verunsicherung bei Kindern und Eltern. Das ist wahrlich schlimm".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort