Norbert Blüm beklagt "den Irrsinn" der Arbeitswelt

Bonn · Die Verantwortung der Menschen für "den Irrsinn" der heutigen Arbeitswelt betonte am Sonntagabend der Katholik Norbert Blüm als Kanzelredner der evangelischen Kreuzkirche.

Mit dem Auftrag "Machet euch die Erde untertan", aber in dem Sinne, den Garten Eden "zu pflegen und zu hegen", habe der Arbeitgeber Gott ihnen den ersten Auftrag erteilt. "Das war eine Wertschätzung seiner Arbeitnehmer, das war ein Auftrag an uns, an der Schöpfung Gottes teilzuhaben", betonte der langjährige Arbeitsminister der Regierung Helmut Kohl. Und wo stünde man mit diesem Auftrag heute? Der Mensch habe seinesgleichen zum reinen Lohnempfänger degradiert, letztlich zum toten Kapital, zum Putzlappen, zum Ersatzteil, das jederzeit ausgetauscht werden könne.

Und schon war der prominente Prediger von "der Höhe der Erbaulichkeit" der Bibel zu den Niederungen der Realität gekommen, "denn ich halte hier ja keine sentimentale Sonntagsrede." Blüm nannte Firmen wie Vodafone, Porsche und Siemens, jonglierte ohne jedes Manuskript mit Zahlen, Daten und Fakten wie in alten Bundestagzeiten.

"Und ich war mal stolz, Opelaner zu sein", erinnerte Blüm wehmütig an seine frühen Jahre an der Werksbank. Heute regiere Geld die Welt. Man stelle Rettungsschirme auf. Und doch sei jeder Nobelpreis für Nationalökonomie nur Hochstapelei. Weil Gottes Coproduzent mit seinesgleichen ein globales Entwurzelungsprogramm betreibe, bei dem er sich auch nicht schäme, den Drittweltländern ihre qualifiziertesten Arbeitskräfte abzuwerben.

"Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin kein Sarrazin. Aber der Arbeitsplatz muss wieder zum Menschen kommen und nicht umgekehrt." Der Neoliberalismus habe eine Gesellschaft ohne Vertrauen geschaffen, in der jeder zum Schnäppchenjäger werde, sich aber auch irgendwann selbst überflüssig mache. "Überwinden wir also diese Inhumanität", schloss er seine Rede.

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