Opfer sieht Narbe am Hals täglich

31-Jähriger wegen versuchten Totschlags an Weiberfastnacht vor Gericht

Bonn. Die Narbe an seinem Hals erinnert den 45-jährigen Mann im Zeugenstand vor dem Schwurgericht täglich an das, was ihm an Weiberfastnacht in Beuel passiert ist: Der Mann, der als Gast gekommen war und auf Bitte eines Türstehers kurz für diesen die Stellung halten sollte, wurde von einem aggressiven Gast mit einer abgebrochenen Flasche in den Hals gestochen.

Die Glasspitze verfehlte seine Halsschlagader nur um wenige Millimeter. Der Mann, der ihm das antat, sitzt nun wenige Meter von ihm entfernt auf der Anklagebank.

Versuchten Totschlag wirft die Anklage dem 31-jährigen Maurer vor, der zur Tatzeit unter Bewährung stand. Er war zuvor nach einem Angriff auf seine Freundin wegen Körperverletzung verurteilt worden. Dass er an Weiberfastnacht in dem Zelt an der Rheinlust Leute beleidigt hat, gibt er nun vor Gericht zu. Aber dass er einer Flasche den Hals abschlug und damit dem 45-Jährigen eine elf Zentimeter lange Verletzung am Hals zufügte, daran will er sich nicht mehr so recht erinnern.

Sein Opfer aber erinnert sich dafür umso besser. Der 31-Jährige, der von Sicherheitsleuten aus dem Zelt in Richtung Rheinufer gedrängt wurde und immer wieder hinein wollte, habe plötzlich gesagt: "Einen von euch steche ich heute Abend auf jeden Fall noch ab."

Dann habe der Mann an dem Bauzaun die Flasche kaputt geschlagen und zugestochen. Als er an seinem Hals die klaffende Wunde gefühlt habe, sei er sofort zu Sanitätern in der Nähe gegangen und habe gesagt: "Ich glaube, da hat mich einer aufgeschlitzt." Er sei in die Klinik gebracht worden, wo die Ärzte ihm gesagt hätten: Ein wenig weiter links, und er wäre tot. Nun müsse er jeden Tag im Spiegel die Narbe sehen. "Schön ist das nicht", meint er.

Der Angeklagte meldet sich zu Wort: Er wolle sich bei ihm entschuldigen, sagt er. Das habe er nicht gewollt: "Das ist halt eskaliert", erklärt er. Das aber lässt sein Opfer nicht gelten und hält ihm entgegen: Er habe doch sogar angekündigt, er wolle einen abstechen. Der 45-jährige Düsseldorfer weiß nun: Es war eine falsche Entscheidung, an jenem Tag zum Feiern nach zu Bonn zu kommen, in der Annahme, hier gehe es "gemütlicher zu" als in der Düsseldorfer Altstadt. Die sei ihm nach einer Hüftoperation zu unruhig und gefährlich erschienen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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