Umstrittenes Pilotprojekt Städtische Reinigungskräfte für Bonner Schulen geplant

Bonn · Das Bonner Ratsbündnis setzt einen Modellversuch an drei Schulen und einem Kindergarten durch. Neues Stadtpersonal soll externe Putzfirmen ablösen. Reinigungskräfte zu finden, wird allerdings schwierig.

Bisher liegt die Reinigung der städtischen Gebäude in Bonn komplett in der Hand privater Dienstleister.

Bisher liegt die Reinigung der städtischen Gebäude in Bonn komplett in der Hand privater Dienstleister.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Die Ratskoalition treibt das Reinigungs-Pilotprojekt für Schulen und Kindergärten voran. Das Städtische Gebäudemanagement Bonn (SGB) soll zunächst für drei Schulen und eine Kita in Beuel eigene Reinigungskräfte einstellen, um externe Dienstleister zu ersetzen. Im SGB-Betriebsausschuss beschlossen Grüne, SPD und Linke am Donnerstag gegen den Widerstand der Opposition eine Empfehlung an den Rat.

Ursprünglich wollte die Koalition das Pilotprojekt in zehn Schulen, zehn Kitas und drei Verwaltungsgebäuden angehen. Das SGB erklärte aber, dafür nicht genug Personal zu haben. Bisher setzen externe Dienstleister an den vier Beueler Standorten nach SGB-Angaben 17 Reinigungskräfte ein. Im Modellprojekt sollen es 14 sein, wobei eine Objektleiterstelle inbegriffen ist. Das neu einzustellende Teilzeit-Personal will das SGB so aufteilen: Je drei Kräfte und eine Springerstelle in der Gottfried-Kinkel-Schule (mit Jupp-Gassen-Halle und Turnhalle), der Marktschule (mit Turnhalle) und der Adelheidisschule (mit Turnhalle). Die Kita „An der Umkehr“ soll eine eigene Reinigungskraft bekommen.

Private zahlen fast einen Euro mehr pro Stunde

Reinigungskräfte für die befristeten Stellen zu finden, könnte schwierig werden. Im Moment liegt der Stundenlohn im öffentlichen Dienst mit 12,08 Euro unter dem Tarif im Gebäudereinigerhandwerk – auch wenn sich das nach der aktuellen Tarifrunde ändern könnte. Laut SGB zahlen die Privaten 13 Euro, ab Januar des nächsten Jahres 13,50 Euro. Die Linkspartei betonte im Betriebsausschuss trotzdem den sozialen Aspekt des Projekts. „Eine Rekommunalisierung der Reinigung ist für die Beschäftigten die bessere Variante“, sagte David Rupp von der Linksfraktion. Die Stadt solle eine Alternative zu „prekären Arbeitsverhältnissen“ schaffen und die Sauberkeit in den Gebäuden verbessern: „Die Resignation vor Ort ist so groß, dass Mängel zum Teil gar nicht mehr ans SGB gemeldet werden.“

Die Linke hatte in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass die Leistungsvorgaben in den Privatfirmen zu hart seien: zu wenig Zeit für zu viel Reinigungsfläche. Im Pilotprojekt werden die Reinigungskräfte jedoch nicht mehr Zeit haben, wie SGB-Geschäftsbereichsleiter Thomas Kaut im Ausschuss erklärte. Zwar habe das SGB auch eine Variante mit 25 Prozent mehr Kapazität geprüft. Allerdings wäre dafür nach SGB-Kalkulation mit 29 Stellen doppelt so viel Personal nötig, was die Stadt rund 700.000 Euro im Jahr kosten würde. Die Dienstleister bekommen laut SGB 152.000 Euro jährlich für die tägliche Unterhaltsreinigung (ohne Grundreinigung).

Koalitionspartner Volt enthält sich

Die Koalition beschloss die Pilotprojektvariante mit 14 Planstellen und jährlichen Kosten (einschließlich Material) von 365.000 Euro. Den Reinigungskräften soll nach einem Jahr der Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe zugesichert werden, wenn sie gut arbeiten. Koalitionspartner Volt enthielt sich bei der Abstimmung, was im Ratsbündnis bisher Seltenheitswert hat.

CDU und FDP scheiterten mit dem Antrag, das Pilotprojekt zu stoppen – auch hier enthielt sich Volt. „Dieses Vorhaben ist ein Minusgeschäft für die Stadt, und das, obwohl wir die Reinigungskräfte schlechter bezahlen als die Privatwirtschaft“, betonte Georg Schäfer (CDU). Das sei keine vernünftige Politik, kritisierte auch Bernd Bollmus (FDP). Aus seiner Sicht gibt das Ratsbündnis dem Drängen der Linken nach, die das Pilotprojekt in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt hatten. Endgültig entscheiden soll der Rat am 9. Februar.

Nach der ersten Veröffentlichung dieses Artikels teilte Volt mit, dass die Fraktion zum Pilotprojekt stehe. Die Enthaltung des Volt-Vertreter bei der Abstimmung im Betriebsausschuss spiegele nur dessen persönliche Meinung wider, so Volt-Fraktionsgeschäftsführer Frank Fremerey mit. „Wir stehen zum Koalitions-Vorhaben, denn faire Behandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern in der Reinigungsbranche ist nicht branchenüblich.“ Zwar liegt der Stundenlohn für Gebäudereiniger im öffentlichen Dienst derzeit noch unter dem Branchentarif. Sowohl Volt als auch die Linkspartei betonen aber, dass es beim Pilotprojekt um sozialversicherungspflichtige Halbtagsstellen mit Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gehe.

Beide Fraktionen bestreiten zudem die Aussage des SGB-Geschäftsbereichsleiters Thomas Kaut im Ausschuss, im Pilotprojekt stünde den Reinigungskräften in den drei Beueler Schulen und einem Kindergarten nicht mehr Zeit für ihre Arbeit zur Verfügung als bei den bisher beauftragten Privatfirmen. Auch in der SGB-Beschlussvorlage steht es anders. Demnach leisten die Privatfirmen bisher 33,5 Stunden am Tag. Im Pilotprojekt sollen es laut Vorlage 52,5 Stunden sein.

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