Prostituiertenmord wird neu aufgerollt

BONN · 52-Jähriger war im Juni 2010 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. BGH hob das Urteil auf.

Die Zeit hinter Gittern hat dem Mann auf der Anklagebank sichtlich zugesetzt. Seit Sommer 2009 sitzt der 52-Jährige in U-Haft - für einen Mord an einer Prostituierten, den er bestreitet, und für den er am 11. Juni vergangenen Jahres vom damaligen Schwurgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Nach erfolgreicher Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sitzt er nun vor einer anderen Bonner Strafkammer und hofft auf einen Freispruch. Zumindest vom Vorwurf des Mordes.

Dass er nicht ganz unschuldig ist, gab er zu, und das liege, so beteuerte er, an der Frau, die bereits damals neben ihm auf der Anklagebank saß und auch jetzt wieder neben ihm sitzt. Die 37-Jährige, die aus der Dominikanischen Republik stammt, arbeitete wie ihre später getötete Landsmännin in dem Bonner Bordell, in dem die Tat am 27. Juni 2009 geschah.

Die 37-Jährige soll den 52-Jährigen dazu verleitet haben, die Landsmännin auszurauben. Der Plan, so wie der 52-Jährige ihn schilderte: Er sollte an jenem Tag eine halbe Stunde bei dem Opfer buchen, es niederschlagen und ihm 40.000 Euro rauben. Geld, das die Frau angeblich hatte und mit dem sie tags drauf in die Heimat reisen wollte.

Nach der Version des schwer herzkranken Angeklagten habe er es auch versucht, aber nicht über sich gebracht und das Zimmer unverrichteter Dinge verlassen. Nachdem die Frau Stunden später mit einer um den Kopf geschnürten Plastiktüte erstickt in ihrem Zimmer gefunden wurde, fokussierten sich die Ermittlungen schnell auf ihn. Zusammen mit der 37-Jährigen landete er vor Gericht und wurde verurteilt. Auch sie wurde am Ende wegen Raubes zu drei Jahren Haft verurteilt . Auch dieses Urteil hob der BGH auf.

Die entscheidende Frage in diesem Fall war und ist: Wann wurde das Opfer getötet? Die erste Instanz war entgegen der Anklage von einer Zeit vor 14 Uhr ausgegangen, da Zeugen das Opfer bis dahin noch gesehen haben wollen. Der BGH aber befand: Das sei im Zusammenhang mit dem rechtsmedizinischen Gutachten nicht schlüssig.

Die 2. Instanz hat nun einen schwierigen Weg der Wahrheitsfindung vor sich. Denn ob die entscheidenden Zeugen, wenn überhaupt greifbar, sich noch genau erinnern können, ist fraglich. "Eine maßgebliche Rolle in dem Fall, so Kammervorsitzender Hinrich de Vries nun, "spielt der Rechtsmediziner."

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