Zur Ratssitzung am 28. Juni 2012 Rede von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch

Die komplette Rede von Bonns Oberbürgermeister im Wortlaut.

Sehr geehrte Damenund Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

einige von Ihnenkritisieren, dass ich mich zu einigen Themen äußere, weil diese, wie Sie sagen,„Alleingänge“ angeblich dem Amt des Oberbürgermeisters schaden würden. DieseSorge ist unbegründet, ein direkt gewählter Oberbürgermeister, der dem Stadtratgelegentlich empfehlende Hinweise gibt, schadet seinem Amt genau so wenig wieein Bundespräsident, der gelegentlich mahnende Worte für das Parlament oderkorrigierende Worte für die Kanzlerin findet.

Denn, meine Damen undHerren, auch wenn Sie im Moment den Eindruck vermitteln wollen, sog.„Alleingänge“ seien mein bestimmendes Führungsmittel, sieht die Wahrheit jabekanntermaßen anders aus. Sie lassen die vielen Beispiele unerwähnt, bei denenich nicht müde werde, als Moderator in schwierigen Diskussionen dazubeizutragen, dass wir aus unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen einedem Wohl der Stadt dienende gemeinsame Haltung entwickeln. In der Vergangenheitwar es deswegen ja auch eher so, dass man mir vorgeworfen hat, die Rolle alsModerator zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Das trifft im Übrigen auch aufdas von Ihnen genannte Beispiel der Bezirksverwaltungsstellen zu.

Unter denVoraussetzungen, unter denen wir hier einen gemeinsamen Auftrag zu erfüllenhaben, haben aber nicht nur Sie, meine Damen und Herren, sondern – und darumgeht es Ihnen ja besonders – da hat natürlich auch der Oberbürgermeister dasRecht, im Ringen um den richtigen Weg eigene Vorstellungen und Positioneneinzubringen und dafür zu werben. Der Gesetzgeber hat das in § 62 derGemeindeordnung eindeutig geregelt. Es heißt dort: „Er (derOberbürgermeister) leitet und verteilt die Geschäfte. Dabei kann er sichbestimmte Aufgaben vorbehalten und die Bearbeitung einzelner Angelegenheiten selbstübernehmen.“ Da der Oberbürgermeister gem. § 63 der gesetzliche Vertreterder Gemeinde ist, ergibt sich, dass er natürlich in diesen Angelegenheiten, dieer selbst übernimmt, auch Erklärungen abgibt.

Der Gesetzgeber hatden Oberbürgermeister mit diesem „generellen Zugriffsrecht“ ausgestattet,weil, so die Kommentierung der Gemeindeordnung von Rehn/Cronauge, weil er ihmals direkt von der Bürgerschaft gewählten Vertreter ausdrücklich dieMöglichkeit einräumt, die Bearbeitung einzelner Themen an sich zuziehen. Der Gesetzgeber wollte nämlich die Stellung des Oberbürgermeistersgegenüber dem Rat stärken. Das hat der Rat vielleicht nicht immer gern, aberder Gesetzgeber war der Auffassung, dass der Oberbürgermeister ein Thema ansich ziehen können muss, etwa wenn er den Eindruck hat, dass dieses Thema sonstnur mit mäßigem oder gar keinem Engagement verfolgt wird - so wie das beimThema „Opernfusion“ offensichtlich der Fall ist.

Es gibt nämlich, wieich vom ersten Tag nach meiner Amtsübernahme bemerkt habe, unter den handelndenAkteuren eine weit verbreitete Haltung, an dieser Stelle, wenn es um die Opergeht, strukturell am besten gar nichts zu verändern und sich sofort, lautstarkund leidenschaftlich jedem entgegenzustellen, der das anders sieht und dessenSchwäche darin bestehen könnte, dass er oder sie vielleicht wiedergewähltwerden möchte. Das war so, als Jürgen Roters und ich unseren Intendanten inBonn und Köln 2009 aufgaben, für das NRW-Fest 2011 eine gemeinsame, weltweitstrahlende Opernproduktion auf die Bühne zu bringen. Das wurde schlichtausgesessen. Das war auch so, als Jürgen Roters und ich 2010 öffentlichäußerten, ob man nicht vielleicht einzelne Sparten in den beiden Städtenbesonders stärken sollte, also vielleicht Tanz in Bonn und Oper in Köln, um dieKräfte zu bündeln, das war so, als die Erarbeitung des Kulturkonzepts anstandund das ist, wie man an Ihrem Antrag sieht, auch heute noch so. Dem KollegenRoters wirft man vor, ein „Opernmörder“ zu sein und bei mir sieht man gleichdas Ansehen der ganzen Stadt gefährdet. Da sind die Freunde Oper und auch dieheutigen Antragsteller überhaupt nicht zimperlich.

Sie, meine Damen undHerren der CDU und der Grünen, Sie wollen sich heute inhaltlich von dem von mirvorgestellten Gedanken einer Opernfusion distanzieren, bevor überhaupt einePrüfung dazu stattgefunden hat. Die wird aber natürlich stattfinden unddas Ergebnis wird nach meinem Vorschlag in die endgültige Beratung desKulturkonzeptes einfließen. Ich will Ihnen, damit auch Ihre Legendenbildungaufhört, die beiden Oberbürgermeister seien „allein“, ich will Ihnen einenkleinen Vorgeschmack darauf geben, wie das Ergebnis einer solchen Prüfung auchausfallen könnte. Ein deutscher Schauspiel- und Opern-Regisseur, der „anweltbekannten Häusern für seine Inszenierungen geschätzt wird“ (Wikipedia)und der seine Erfahrungen als Professor an Universitäten weitergibt hat mirdazu nämlich folgendes geschrieben:

„Der von denOberbürgermeistern der Städte Köln und Bonn in die Diskussion eingebrachteVorschlag, die Einbringung ihrer beiden Opernbetriebe in eine gemeinsameGesellschaft zu prüfen, der zwei Spielstätten (Oper Bonn, Oper Köln) und zweiOrchester (Beethoven Orchester Bonn, Gürzenich Orchester Köln) zur Verfügungstehen, ist ausdrücklich zu begrüßen. Vor allem aber ist der Vorschlaggeeignet, für beide Städte Wirtschaftlichkeit und künstlerische Qualität trotzallgemein geringer werdender Finanzmittel zu sichern und zu steigern. Diesergibt sich unter anderem aus folgenden Sachverhalten… – es folgen 10handfeste Gründe, die ich heute aus Zeitgründen nicht aufführe. „Zusammenfassendkann also festgestellt werden“, so der international hoch angeseheneExperte abschließend, „Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dasssich durch diese Organisationsform in einer modernen Opernstruktur ökonomischeVorteile und künstlerischer Gewinn erzielen lassen. Eine maßvolle Senkung derkombinierten Zuschüsse aus den kommunalen Haushalten beider Städte erscheintunter den genannten Voraussetzungen möglich. Die „Rheinische Oper KölnBonn“könnte zudem als kulturelles Schwergewicht im europäischen Raum auftreten unddamit der Kulturregion Rheinland und insbesondere den beiden Städten Bonn undKöln zusätzliches Renommee verschaffen.“

Bei dem Expertenhandelt es sich um Prof. Michael Hampe, der selbst 20 Jahredie künstlerische Leitung der Oper Köln innehatte. Und auch unter den BonnerBürgerinnen und Bürgern ist der von ihnen direkt gewählte Oberbürgermeister,anders als sie vermuten, alles andere als allein. Mich erreichen vieleZuschriften wie solche: „Ihr Vorschlag zur Köln/Bonner Oper spricht mir ausdem Herzen. Bleiben Sie hart! Zugunsten unserer Stadt“.

Was den Umgang mitdem Berlin/Bonn Gesetz angeht, habe ich Ihnen gesagt, was ich für richtig undzwingend notwendig halte, und was uns in Bonn, die Verkleinerung der Bundeswehrbetreffend, anders als in weiten Teilen der Republik, mehr Arbeitsplätzein den nachgeordneten Dienstposten beschert hat als zuvor. Ich setze aufGespräche, solange es die Grundlage dafür noch gibt, nämlich das geltendeGesetz. Ihre Strategie, Gespräche und Verhandlungen auszuschließen, würdedemgegenüber nur dazu führen, dass der nächste oder übernächste Bundestag dasBerlin/Bonn-Gesetz kassiert – ohne dass überhaupt mit uns redet. Wenn Sie alsokeine Initiative für Gespräche ergreifen wollen, müssen Sie erklären, was Siedenn tun wollen, um die Bundesregierung und Ihre Parteifreundin Angela Merkeldazu zu bringen, mit dem schleichenden Prozess der Aushöhlung des Gesetzesaufzuhören. Und auch zu diesem Thema, bei dem Sie mich „allein“ wähnen“erreichen mich zahlreiche Äußerungen von Bürgerinnen und Bürgern, wie diese : „Ichnutze den Anlass um Ihnen ausdrücklich und entgegen der verlautbarten Meinungder CDU darin beizupflichten, dass Gespräche mit dem Bund über dasBonn-Berlin-Gesetz geführt werden müssen. Es gibt in Bonn eine Reihe sehrvernünftiger und bekannter Leute, die das genau so sehen!“

Meine Damen undHerren, Rat und Verwaltung - und der Oberbürgermeister ist die Klammer zwischenbeiden - Rat und Verwaltung haben einen gemeinsamen Auftrag zum Wohledieser Stadt. Dass dabei jede Seite ihre von der Gemeindeordnungzugedachte spezifische Aufgabe hat, versteht sich von selbst. Aber man sollteim alltäglichen Umgang von Rat und Verwaltung miteinander wieder besser spürenkönnen, dass dies auch so gelebt wird. Ich betone dies gerade auch mit Blick dieMitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verwaltung.

Lassen Sie uns also das tun, was uns aufgetragenist – gemeinsam für das Wohl dieser Stadt zu arbeiten. Ich werde weiterhin denBeitrag dazu leisten, den ich für richtig und sachgerecht halte und dazu gehörteben auch, gelegentlich Dinge beim Namen zu nennen und mich in das Ringen umden besten Weg aktiv einzubringen. Aber Ende sollte doch immer der schönerheinische Grundsatz stehen der da lautet „Am Schluss müssen alle zufriedensein“ – und dass dann keiner 100 Prozent erreichen kann, sondern der Kompromissnotwendig ist, versteht sich von selbst. Ich danke Ihnen

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