Anschlag in Nairobi Rolle des Bonners Andreas M. weiter unklar

BONN · Welche Rolle spielte Andreas Ahmed Khaled M. bei dem blutigen Überfall auf das Westgate-Einkaufszentrum in Kenias Hauptstadt Nairobi, bei dem 72 Menschen ermordet wurden?

Spielte er überhaupt eine Rolle? Die Aussagen über den aus der Bonner Islamistenszene stammenden 41-Jährigen waren am Sonntag widersprüchlich. So erfuhr der GA aus Sicherheitskreisen, dass "es als fast sicher gilt, dass M. aufgrund seiner führenden Position bei der somalischen Al-Shabaab an der Planung beteiligt gewesen sein soll".

Ein Islamismus-Experte hingegen sagte dem GA, er habe auf Nachfrage bei höchsten Sicherheitsbehörden keine Hinweise auf eine Beteiligung M.s erhalten.

Immerhin gilt nach GA-Informationen als verbürgt, dass er der islamistisch-militanten Al-Shabaab-Bewegung in Somalia angehört. Möglicherweise ist er sogar Mitglied der Kommandoebene der Milizen, was zumindest den Schluss nahelegen könnte, dass er an den Planungen für den Überfall auf das kenianische Einkaufszentrum beteiligt war.

M. lebte bis Herbst 2011 mit Unterbrechungen im Ausland in Bonn. Der heute 41-Jährige, dessen Eltern in der Region Bonn wohnen, soll sich schon vor elf Jahren in Bonn der Islamistenszene angeschlossen haben.

In einem internen Bericht des Landeskriminalamtes von 2010 wird M., Jahrgang 1972, ganz oben in einer Liste aufgeführt, die Personen einer sogenannten islamistisch-dschihadistischen Ausführungsebene zuordnet. Zu ihr gehören auch die aus Kessenich stammenden Brüder Chouka, die als Dschihadisten nach Pakistan auswanderten.

Einer der Brüder soll dort getötet worden sein, ebenso wie ein anderer Bonner Gotteskrieger, Bekkay Harrach. Sie alle kannten und trafen sich unter anderem in zwei arabischen Moscheen in Bonn, in denen sie sich radikalisiert haben sollen. Die eine Moschee ist die Al-Muhajirin-Moschee, die bis vor Kurzem ihren Sitz an der Theaterstraße hatte und vor wenigen Monaten nach Tannenbusch in die Brühler Straße umgezogen ist.

Der Vorstand der Moschee hatte dem GA gegenüber seinerzeit bestritten, was in dem LKA-Bericht Erwähnung findet: Eine Bonner Al-Shabaab-Gruppe traf sich in der Moschee wohl regelmäßig zu später Stunde, mutmaßlich waren dies Unterstützer der somalischen Al-Shabaab. Sowohl M. als auch seine Frau sollen Kontakte zu ihr gehabt haben.

Der 41-Jährige heiratete vor einigen Jahren eine in Köln lebende Eritreerin, mit der er eine Tochter hat. Das Kind soll jetzt sechs Jahre alt sein. 2011 kehrte M., wie andere Dschihadisten auch, Deutschland den Rücken.

Während damals noch das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet als attraktives Kampf- und Siedlungsgebiet für Islamisten aus Deutschland galt, zog es M., der als sehr intelligent gilt und Kampfsport betreibt, nach Somalia, wo er sich der Al-Shabaab-Bewegung anschloss.

Es heißt, er habe dort mit seiner Familie den Traum vom Leben als strenggläubiger Muslim verwirklichen wollen. Die Al-Shabaab-Milizen bekämpfen seit Jahren den Staat und wollen einen strengen islamischen "Gottesstaat" etablieren.

Islamisten in Bonn

Mindestens seit den 90er Jahren formierte sich in Bonn eine radikale Islamistenszene. Damals lebten viele Araber hier friedlich als Botschaftsangehörige, viele kamen und kommen als Patienten in Bonner Kliniken. Als Radikalisierungszentren galten bis vor einigen Jahren die König-Fahad-Akademie und eine kleine, mittlerweile geschlossene Moschee in Lannesdorf, wo radikale Prediger auftraten.

Treffpunkte von Islamisten waren bis vor drei Jahren auch die Al-Muhajirin-Moschee, die vor Kurzem an die Brühler Straße umgezogen ist. Salafisten besuchen bis heute die Beueler Al-Muhsinin-Moschee und die Godesberger Al-Ansar-Moschee. Radikale Prediger wie Pierre Vogel ziehen mittlerweile aber eher private Treffpunkte vor oder agieren via Internet.

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