Stromnetze in Beuel und Godesberg RWE kassiert in Bonn 35,8 Millionen Euro

BONN · Die Stromnetze sind ab 2015 wieder in kommunaler Hand. Die Stadtwerke behalten sich jedoch eine Klage gegen die Kaufpreishöhe von RWE vor.

Auch diese Stromanlage in Friesdorf geht nach dem Millionen-Geschäft ins Eigentum der Stadtwerke über.

Auch diese Stromanlage in Friesdorf geht nach dem Millionen-Geschäft ins Eigentum der Stadtwerke über.

Foto: Ronald Friese

Die Verhandlungen waren zäh und dauerten mehr als zwei Jahre: Die Stadtwerke Bonn GmbH (SWB) hat sich mit dem RWE-Konzern auf einen Kaufpreis für die Stromnetze in Bad Godesberg und Beuel geeinigt. Die SWB muss dafür tief in die Tasche greifen: Der Essener Energieriese, der die Stadt massiv unter Druck gesetzt hatte, kassiert rund 35,8 Millionen Euro. Das geht aus einer vertraulichen Mitteilung der Stadtverwaltung hervor, die dem General-Anzeiger vorliegt. Dazu kommt ein Kaufpreis für etliche Grundstücke, der noch ausgehandelt werden muss.

RWE besaß 20 Jahre lang die Konzession für die Stromnetze in beiden Stadtbezirken. Als der Vertrag im Dezember 2011 auslief, bewarb sich der Konzern vergeblich um eine Verlängerung. Der Stadtrat beschloss, die Konzession auf die Stadtwerke zu übertragen. Hintergrund: Mit den Netzentgelten lässt sich gutes Geld verdienen - deshalb sollten alle Bonner Konzessionen zurück in die kommunale Hand (siehe "SWB-Tochter übernimmt alle Kozessionen").

Formal ist die SWB-Tochter Energie und Wasser seit 1. Januar 2012 neuer Stromkonzessionsnehmer in Beuel und Godesberg. Doch die technischen Anlagen, also die Leitungen, Umspannwerke und Zähler, hat RWE bis heute nicht an die Bonner übertragen. Der Konzern spricht von "langwierigen Verhandlungen" in einer "wirtschaftlich und technisch hoch komplexen Angelegenheit".

Zwischenzeitlich hatte RWE der Stadt gedroht, für 2013 keine Konzessionsabgabe mehr zu zahlen: Da der Kämmerer der klammen Kommune auf die sechs Millionen Euro im Jahr schwerlich verzichten konnte, stimmten die Ratspolitiker damals einer Übergangsvereinbarung zu. Die sorgt dafür, dass RWE als "Unterkonzessionär" noch bis Dezember 2014 die Netzgewinne in Beuel und Godesberg abschöpfen kann. Mit dem jetzt abgeschlossenen Kaufvertrag sollen die Netzanlagen ab Januar 2015 an die Stadtwerke gehen.

Der Kaufpreis liegt viel höher als das ursprüngliche SWB-Angebot. "RWE hat seine Marktmacht rigoros ausgenutzt", sagt ein Politiker aus der Ratskoalition. Der vom SWB-Aufsichtsrat abgesegnete Kaufvertrag sei trotzdem die beste Lösung für die Stadt. Alternativ vor Gericht zu gehen, wäre teuer und riskant gewesen. Diese Einschätzung teilt auch ein vom GA befragter Oppositionspolitiker, der den Vorgang gut kennt.

Um die Rückübertragung von Netzkonzessionen gebe es in vielen deutschen Städten Streit; die Rechtsprechung dazu sei aber uneinheitlich. Heißt: hohes Prozessrisiko. Die Berater der SWB warnten zudem, dass der Weg durch alle Instanzen bis zu zehn Jahre dauern könnte - Jahre, in denen die Stadtwerke trotz Konzession kein Geld mit den Netzen verdienen würden.

Die 35,8 Millionen Euro zahlen die SWB aber nur unter Vorbehalt. Sollte sich herausstellen, dass die Investition sich in dieser Höhe nicht rentiert, behält sich das Unternehmen doch noch eine Klage gegen RWE vor. Die Wirtschaftlichkeit hängt von den Erlösobergrenzen für die Netze in Beuel und Bad Godesberg ab (siehe Kasten). Diese sollen bis Juni ermittelt und überprüft werden.

Die Stadtwerke bestätigen den Vertragsabschluss, schweigen aber zu den Details. "Das Ergebnis macht deutlich, dass auch schwierige Sachverhalte zu einem für beide Seiten zufriedenstellenden Abschluss geführt werden können", erklärte SWB-Geschäftsführer Marco Westphal.

Für die etwa 140.000 Einwohner in beiden Stadtbezirken ändere sich nichts. Die technische Abwicklung des Netzbetriebs liegt schon seit 2009 bei den Stadtwerken, die für RWE als Dienstleister tätig sind. Westphal: "Das dem Vertrag zugrunde liegende Entflechtungskonzept ist sehr anspruchsvoll. Dies ist der Grund für die vergleichsweise langen Verhandlungen."

Erlösobergrenze

Die Erlösobergrenze für ein bestimmtes Netz wird von der Bundesnetzagentur für einen Zeitraum von fünf Jahren festgesetzt. Sie hängt davon ab, welche eigenen Kosten die Netzbetreiber angeben - diese können in ländlichen Gebieten anders ausfallen als etwa in einer Stadt wie Bonn.

Der Netzbetreiber stellt einen entsprechenden Antrag an die Agentur, der dann beschieden wird. Ziel der Regulierung: Durch eine Deckelung der Erlöse soll für Netzbetreiber ein Anreiz entstehen, ihre Kosten durch technologischen Fortschritt oder effizienteren Ressourceneinsatz zu senken.

SWB-Tochter übernimmt alle Konzessionen

Mit dem RWE-Deal kommen alle Strom- und Gasnetze wieder in kommunale Hand. Die Konzessionen für Hardtberg und den Stadtbezirk Bonn liegen schon bei den Stadtwerken. Für die auslaufenden Gaskonzessionen für Beuel und Bad Godesberg liegt nach GA-Informationen nur ein Angebot der SWB vor.

Konkret werden die Netze von der SWB-Tochter Energie- und Wasser (EnW) übernommen. Den Ratspolitikern wäre die SWB-Holding lieber gewesen, weil die Gewinne dann in Bonn geblieben wären - an der EnW ist der Rhein-Sieg-Kreis beteiligt. Ein entsprechendes Schiedsverfahren gewann aber der Kreis.

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