Notizen aus Bonn Salzgewinnung im Stadthaus

Bonn · Das Stadthaus könnte auf dem Weg zu einer der modernsten Salzgewinnungsanlagen der Welt sein, glaubt GA-Redakteur Rüdiger Franz. Die nachwachsenden Generationen muss sich dann keine Sorgen mehr machen um den Vorrat an gesalzenen Debatten im Stadtrat.

 Das Stadthaus könnte unserem Kolumnisten zufolge bald zu einer der modernsten Salzgewinnungsanlagen der Welt werden.

Das Stadthaus könnte unserem Kolumnisten zufolge bald zu einer der modernsten Salzgewinnungsanlagen der Welt werden.

Foto: Benjamin Westhoff

Bei einer Expedition in die Gewölbe des Stadthauses haben Wissenschaftler antike Säulen und nicht zu überschätzende Salzvorkommen gefunden. Für ein wenig Salz in der Suppe des Bundestagswahlkampfs kommt diese Nachricht vermutlich zwar etwas spät. Dafür muss nachwachsenden Generationen um den Vorrat an gesalzenen Debatten im Stadtrat nicht länger bange sein. Weil wir nicht nur die Erde, sondern auch das Stadthaus von unseren Kindern nur geborgt haben, weist die Entdeckung dem angejahrten Verwaltungssitz am Berliner Platz den direkten Weg zu einer der modernsten Salzgewinnungsanlagen der Welt. Kolonnen von Lastenfahrrädern und den Kleinwagen des Ordnungsamtes könnten bald Ladungen von Siedesalz, Pökelsalz, Streusalz und Viehsalz über die Weiherstraße als wichtigem Handelsweg in alle Welt befördern. Heimliche Experimente hat es Gerüchten zufolge bereits seit Jahren im Depot des Stadtarchivs gegeben, wo durch das Einleiten von Wasser künstliche Salzstöcke geschaffen wurden. Eine Salzgrotte mit Massage und Halotherapie zum entspannten Durchatmen ließe sich in den Räumchen einrichten, in denen man heute die Parkscheine bezahlt. Weil Salz bereits im Mittelalter vielen Städten zu Wohlstand verholfen hat, dürfen sämtliche Finanzsorgen der Bundesstadt cum grano salis als erledigt betrachtet werden. Mit dem Salz aus dem Stadthaus werden sich als bewährtem Mittel zur Haltbarmachung das Viktoriakarree, die Beethovenhalle und das städtische Bäderkonzept mühelos auf Jahrzehnte konservieren lassen. Vorausschauend hat die Stadt als voluminöse Lagerräume die Poliklinik, den Windeckbunker, die Becken im Melbbad und das Landesbehördenhaus vorgehalten.


Wenn Sie jetzt das Karstadt-Gebäude vermissen, hat das seinen Hintergrund. Die Verwaltung muss ja auch noch irgendwo arbeiten, wenn das Stadthaus zur Salzsäule erstarrt ist. Dort tauchen jetzt häufiger Gutachten auf, die so geheim sind, dass sie nicht mal die Verwaltungsspitze kennt. Verlässlichen Informanten zufolge liegt für das leerstehende Kaufhaus an der Poststraße bereits ein ausgeklügeltes Raumkonzept vor: Offenbar sollen das Standesamt in den früheren Parfümbereich, das Städtische Gebäudemanagement anstelle der Accessoires und das Verkehrsdezernat in die ehemalige Spielwarenabteilung einziehen. Für das Dienstleistungszentrum ist extra viel Platz in der Campingabteilung reserviert, gleich neben den bisherigen Regalen für Koffer und Pyjamas. Und noch eine weitere gute Nachricht: Bonn bleibt für Einbrecher attraktiv, was bedeutet, dass hier noch etwas zu holen ist. Nach Umzügen bitte das Misstrauen bremsen: Vielleicht will Ihnen nur jemand Brot und Salz bringen.

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