Matthias Brandt liest in der Oper Schauspieler verbringt Gymnasial- und Fußballvereinszeit in Bad Godesberg

BAD GODESBERG · Da gibt es diese Fotos, die 2012 mit der ARD-Dokumentation "Deutschland, deine Künstler" wieder auftauchten: Der kleine Matthias Brandt wirbelt im Bonner Garten mit seinen großen Ernie- und Bert-Puppen herum, während Vater Willy, der Bundeskanzler, staunend rüberschaut.

 Matthias Brandt bei der Premiere des Films "Das Blaue vom Himmel" in Essen.

Matthias Brandt bei der Premiere des Films "Das Blaue vom Himmel" in Essen.

Foto: dpa

Oder Wildfang Matthias angelt sich grinsend den Telefonhörer des Vaters. Es gibt aber auch jene Bilder, auf denen sich Mutter Rut liebevoll über den 1961 geborenen Nachzügler beugt, während die großen Brüder und vor allem der Vater mehr als abwesend erscheinen. Der kleine Blondschopf von damals und nicht der berühmte Politiker-Vater, die SPD-Legende, stand im Mittelpunkt der Sendung über Deutschlands Künstler. Am Montag, 15. September, kehrt der heute 51-Jährige Matthias Brandt wieder an den Ort seiner Jugend zurück: Der Kanzlersohn liest in der Reihe "Quatsch keine Oper" ebenda aus dem Buch, das Hitchcocks Film "Psycho" zugrunde liegt.

Er kommt damit aber auch in die Nähe des Stadtteils zurück, in dem der heute populäre TV- und Filmschauspieler einen guten Teil seiner 15 Bonner Kinder- und Jugendjahre verbracht hat. Brandt ging bis 1981 ins Godesberger Nicolaus-Cusanus-Gymnasium, das in Hauptstadtzeiten für seinen Sprachenschwerpunkt besonders geschätzt wurde. "Ja, also ich war jetzt kein begeisterter Schüler, um es mal vorsichtig auszudrücken", sagt Brandt vorsichtig im GA-Gespräch.

"Aber ich habe das Gefühl, dass das eine Zeit war, in der uns Schülern noch nicht so viel abverlangt wurde." Wenn er sich das heute bei seiner Tochter anschaue, wie ihr suggeriert werde, dass Schüler so etwas wie kleine Berufstätige zu sein hätten, dann habe er eine gute Schulzeit gehabt. Brandt lebt mit Frau und Tochter in Berlin. Und schiebt im Gespräch noch etwas zu seinen Schuljahren nach: "Sagen wir mal so: Ich bin mit minimalem Aufwand ganz gut durchgekommen und habe viele gute Leute getroffen."

Im Buch "Die Familie Willy Brandt" von Torsten Körner ist zu erfahren, dass der Filius des ehemaligen Bundeskanzlers sogar stellvertretender NCG-Schulsprecher war. Im Vergleich zur Grundschulzeit muss Matthias Brandt hier wohl gut zurecht gekommen sein. Körner schreibt von fiesen Strafaktionen des Religionslehrers an der Waldgrundschule Venusberg: Der kleine Matthias habe extra viele Kniebeugen machen müssen. "Dein Vater will doch Vorbild sein, dann zeig uns mal, dass du auch eins bist, Brandt", soll der Mann das Kind gequält haben. Wie gut, dass es in Bad Godesberg dann die Vereine gab, wo der heranwachsende Matthias seine kurze Fußballkarriere startete. "Ja, wenn Sie das Karriere nennen wollen", antwortet Brandt lachend. Seine Vereine? Erst der SSV Plittersdorf und dann der FV Godesberg 08, weiß er noch genau.

"Da zu spielen war neben meiner Fußball-Obsession, die sich unvermindert bis heute gehalten hat, für mich toll. Auch, weil es eine Möglichkeit war, aus der schon sehr besonderen und manchmal auch hermetischen Welt, in der ich aufgewachsen bin, herauszugehen und mit Gleichaltrigen zusammenzukommen, die aus ganz anderen Verhältnissen stammten." Das sei wichtig für ihn gewesen, betont Brandt. "Ich konnte da auf einer Ebene mit ihnen zusammen sein, auf der es keine Unterschiede zwischen uns gab. Ich denke gerne daran zurück."

Torsten Körner schreibt, dass der junge Matthias mit der C-Jugend mehrfach die Meisterschaft holte. Und die Godesberger Mitspieler hätten riesige Augen gemacht, als der Sportsfreund 1974 in der ZDF-Sendung "Aktuelles Sportstudio" plötzlich die lokalen Farben Gelb-Blau hochgehalten habe. Willy Brandt habe sich schon aus Wahlkampfzwecken in das populäre Format einladen lassen, dort aber wegen mangelnder Sportkenntnisse eine unfreiwillig komische Figur gemacht. Wie gut, dass er seinen Jüngsten, den Fußball-Freak, an der Seite hatte. Der konnte die Spiele fachkundig kommentieren und traf dann sogar zwei Mal in die ZDF-Torwand.

Das Verhältnis zum berühmten Vater hat Matthias Brandt an anderer Stelle als "herzlich sprachlos" beschrieben. Was aber auch mit dem Familienverständnis der Nachkriegsgeneration zu tun gehabt habe. Er selbst habe kein Problem damit gehabt. "Ich habe eigentlich nur gute Erinnerungen", sagt Brandt über seine Kindheit. Ob er die Bewunderung für die Legionsfigur der Sozialdemokratie nachempfinden könne? Ja sicher, im Zusammenhang mit dem 100. Geburtstag seines Vaters letztes Jahr habe es viele Ehrungen gegeben. "Ich habe auf ihn natürlich einen privateren Blick. Und ich erinnere mich an Zeiten, als es für ihn Bewunderung, aber auch viele Anfeindungen gab", sagt der Sohn. "Heute staune ich oft, wer da jetzt alles plötzlich voller Hochachtung von ihm spricht."

Improvisation in Wort und Klang in der Bonner Oper

Karten für "Psycho - Fantasie über das kalte Entsetzen", Matthias Brandts Improvisation in Wort und Klang mit dem Jazzpianisten Jens Thomas in der Bonner Oper, Am Boeselagerhof, am Montag, 15. März, 20 Uhr, gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen oder unter Telefon 0228/50 20 10 und im Internet auf www.bonnticket.de

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