Beistand im Alltag Selbsthilfegruppen informierten auf dem Münsterplatz

BONN · Irgendwann kam er nicht mehr davon los. Jedes Mal, wenn er sich schlecht fühlte, griff er zur Flasche. Von alleine aufzuhören mit dem Alkohol - damals war das nicht möglich. Rainer K. aus Bonn ist inzwischen seit 30 Jahren trocken, bis dahin war es jedoch ein weiter Weg.

 Selbsthilfetag auf dem Münsterplatz: Anton West und Henrike Franek am Stand der Defibrillator-Gruppe beim Blutdruckmessen.

Selbsthilfetag auf dem Münsterplatz: Anton West und Henrike Franek am Stand der Defibrillator-Gruppe beim Blutdruckmessen.

Foto: Volker Lannert

"Ich habe mir 365 Tage im Jahr jeden Morgen geschworen, nichts zu trinken, und jeden Abend war ich wieder blau", so der 70-Jährige. Erst die Anonymen Alkoholiker halfen ihm aus seiner Sucht. Zusammen mit anderen Gruppen aus der Region stellten sich diese am Samstag beim Selbsthilfetag auf dem Münsterplatz vor.

Zum 19. Mal organisierte die Selbsthilfe-Kontaktstelle (Sekis) des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes die Veranstaltung. Ziel ist es, den Besuchern Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten zu liefern. "Die Gruppen sind wichtig, weil Menschen, die vom gleichen Problem betroffen sind, sich eher verstehen", so Gabriele Kuchem-Göhler von der Sekis.

Verständnis war etwas, das auch Rainer K.s Leben veränderte. Er habe immer im Kopf gehabt, um die zehn Flaschen Bier getrunken zu haben, erinnerte er sich. Irgendwann habe ihm dann sein Sohn gesagt: "Papa, du bist gestern mit zwei Kästen Bier nach Hause gekommen, heute sind sie leer." Er habe sich einfach wertlos gefühlt, so Rainer K. weiter. Erst durch die Gruppe fand er einen Ausweg. "Ich habe dort festgestellt, dass ich kein Versager bin und dass es auch andere mit meinem Problem gibt." Heute, nach all den Jahren, kann er seine Erfahrungen an andere weitergeben. So wie auch am Samstag.

Neben den Anonymen Alkoholikern präsentierten sich weitere 31 Vereine und Selbsthilfegruppen, darunter der Deutsche Diabetiker Bund oder der Blinden und Sehbehindertenverein. Am Stand der Deutschen Herzstiftung gab es neben Informationen über verschiedene Herzkrankheiten die Möglichkeit, den eigenen Blutdruck messen zu lassen. Die Vertreter des Verbands Alleinerziehender Mütter und Väter verkauften Waffeln und kamen so mit den Besuchern ins Gespräch: "Für die Leute, die zu uns kommen, ist es wichtig, uns kennenzulernen", erklärte Henning Dimpker aus Bonn.

"Die Hemmschwelle, uns anzurufen, ist doch sehr groß. Hier kann man einfach mal vorbeischauen." Nachdem er und seine Frau sich getrennt hatten, blieben die zwei Kinder bei ihm. "Das war schon ein ziemlicher Umbruch in meinem Leben." Er suchte Rat bei einem Gesprächskreis. "Es ist wichtig, sich auszutauschen, um festzustellen, dass die eigene Situation gar nicht so ungewöhnlich ist", erklärte er.

"Es ist ein wichtiger Prozess bei der Heilung, dass man darin unterstützt wird, sich selbst zu helfen", fand auch Besucher Kai Bachmann. Er war nur aus Interesse auf dem Münsterplatz, ohne eine konkrete Gruppe zu suchen. So auch Besucherin Verena Kuhn: "Es ist eine gute Sache, weil so viele Leute auf viele interessante Sachen aufmerksam gemacht werden."

Informationen zu den verschiedenen Selbsthilfegruppen in der Region und ihre Kontaktdaten gibt es bei der Selbsthilfe-Kontaktstelle Bonn im Internet auf www.selbsthilfe-bonn.de oder telefonisch unter % (0228) 9145917.

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