SPD will Mehrheitsbildung organisieren

Auch Grüne und FDP sehen sich als tragende Kraft im neuen Stadtrat - CDU als stärkste Fraktion will sich am Dienstag äußern

SPD will Mehrheitsbildung organisieren
Foto: Telis Koukoullis

Bonn. Der Tag nach der Wahl: Die große Frage, die alle umtreibt, wie geht es weiter in Bonn? Acht Parteien und Gruppierungen gehören dem neuen Stadtrat an, der sich Ende Oktober konstituieren wird. Eine eindeutige Mehrheit ist nicht in Sicht. Keine leichte Aufgabe für den neuen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD).

In die Freude über dessen "großen Wahlsieg" mischte sich am Montag bei SPD-Fraktionschef Wilfried Klein und Parteichef Ernesto Harder die bittere Erkenntnis: "Unser Ziel, mit einer stärkeren Fraktion als bisher aus dieser Wahl herauszugehen, haben wir ganz klar verfehlt."

Schmerzhaft obendrein: der Verlust von zwei der bisher sechs Direktmandate. "Den Ursachen werden wir noch genau auf den Grund gehen", versprachen Klein und Harder.

21 scheiden aus Abschied nehmen: Von den 66 Stadtverordneten, die dem aktuellen und noch bis Oktober amtierende Rat angehören, scheiden 21 aus - das ist fast ein Drittel. Sei es, dass sie ihren Wahlbezirk verloren oder nicht mehr kandidierten: darunter sind Markus Schuck, Heinz Hentschel, Pia Heckes, Heinrich Kläser (alle CDU), Erika Coché, Rolf Eichenhorst, Adi Eickhoff, Martin Schilling (SPD), Karl Uckermann, Florian Beger, Gernot Hermann (Grüne), Ulrich Hauschild, Falk Kivelip, Rüdiger Nollmann und Barbara Wrany (FDP).Immerhin, mit 19 Sitzen bleibt die SPD zweitstärkste Fraktion. Und mit dem OB im Rücken fühlen sich Klein und Harder geradezu berufen, die neue Mehrheit zu organisieren. "Erfahrungen haben wir ja damit", erklärten sie. Wie die Mehrheit aussehen könnte, ließen beide offen.

Noch. Man wolle mit allen demokratischen Parteien sprechen, versichert Klein. Auch mit den Grünen? "Ja, natürlich auch mit den Grünen." Mit denen hatte sich die SPD nach der letzten Kommunalwahl nach nur einem gemeinsamen Jahr Ampelbündnis in Unfrieden getrennt. Seitdem arbeiten Klein und Genossen mit der CDU zusammen. Ob diese sogenannte große Koalition auch in Zukunft die Geschicke der Stadt lenken wird, steht in den Sternen.

Die CDU hat erst für Dienstag zu einem Bilanzgespräch geladen, dort scheint das Bedürfnis nach einer Fortsetzung der Zusammenarbeit dem Vernehmen nach aber nicht sehr groß zu sein.

Mit strahlenden Gesichtern empfingen am Montag Grüne und FDP die Medienvertreter zu einem ersten Ausblick. Sie zählen sich zu den eigentlichen Gewinnern, machte Anna Caelers, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands, deutlich. Rund 4 500 Stimmen mehr als bei der Wahl 2004 sahnte die Öko-Partei ab, "das beste Ergebnis in der Geschichte der Grünen", sagte Spitzenkandidat Peter Finger.

Kommunalwahl 2009 Umfangreiche Infos und Ergebnisdienst rund um die Wahl in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis in unserem Wahl-SpecialMit komfortablen 15 Sitzen im Rat (bisher elf) sieht man sich als begehrten Gesprächspartner. "Wir werden jedenfalls mit allen Parteien Gespräche führen", erklärte Finger, außer mit dem Vertreter der rechtsgerichteten Gruppierung Pro NRW. Als Integrationsversäumnis aller etablierten Parteien werteten er und Fraktionssprecherin Dorothee Paß-Weingartz den Einzug der beiden muslimischen Kandidaten des Bündnisses für Frieden und Fairness (BFF) in den Rat: "Da sind wir ein Stück weit auch selbstkritisch."

Als "Vorbild eines jeden Wahlkämpfers vor Ort" würdigte FDP-Chef Werner Hümmrich seinen Röttgener Fraktionskollegen Joachim Stamp, der mit 67 Prozent nicht nur das einzige Direktmandat für die FDP, sondern von allen Ratskandidaten das mit Abstand beste Ergebnis einfuhr.

Obendrein sind die Liberalen mit zehn Sitzen im neuen Rat vertreten. "Das ist historisch einzuordnen, das hatten wir noch nie." Hümmrich sieht die FDP deshalb künftig als "tragende, zumindest als treibende" Kraft im Stadtrat - in welcher Konstellation auch immer.

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