Stadt Bonn drohen Mehrkosten in Millionenhöhe

Die Bonner Feuerwehrleute haben jahrelang unbezahlte Überstunden geleistet. Die Verwaltung diskutiert nun die Art der Entschädigung.

Stadt Bonn drohen Mehrkosten in Millionenhöhe
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Bonn. Sie arbeiten rund um die Uhr, nicht selten unter gefährlichen Bedingungen und sind oft über das Schichtende hinaus im Einsatz: die Feuerwehrleute. Jetzt platzt ihnen der Kragen. Grund ist die Art und Weise, wie die Stadt sie für unbezahlte Mehrarbeit nun entschädigen will.

Hintergrund: Bereits seit 1996 besagt eine EU-Richtlinie, dass die wöchentliche Arbeitszeit in der Regel nicht länger als 48 Stunden sein darf. Die Gesetzgebung in NRW sah aber bis 2006 einen 54-Stunden-Dienst vor, einschließlich Bereitschaft.

In mehreren Städten kam es zu Klagen vor Gericht. Wehrmänner in Bonn hatten seit 2001 vereinzelt Anträge auf Zahlung einer Entschädigung gestellt. Sie wurden abgelehnt. Dennoch lassen sich bis heute Beamte anwaltschaftlich in dem Fall vertreten. Zu einer Klage ist es bisher nicht gekommen.

Seit das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im vergangenen Jahr einem Bielefelder Wehrmann Recht gegeben hat, dringt die Bonner Feuerwehr verstärkt auf Entschädigung. Es geht um mehr als 100 000 Überstunden und mehr als eine Million Euro.

Trotz der Einzelfallentscheidung von Münster wertet die Stadt Bonn das Urteil als Grundsatzentscheidung, wie es in einem internen Schreiben des Personalamts-Leiters Karl-Heinz Thomas heißt.

Die neue Arbeitszeitverordnung laut EU-Recht sei in Bonn zum 1. Januar 2007 umgesetzt worden. Seitdem gelte im Schichtdienst eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden. Ansprüche auf Entschädigung, so die Stadt, könnten nur für die Jahre 2004 bis 2006 geltend gemacht werden.

Auf GA-Anfrage zur EU-Richtlinie und den damit verbundenen Problemen teilte das Presseamt mit: "Es ist zutreffend, dass Feuerwehrbeamte aufgrund der neueren Rechtsprechung Mehrstunden geleistet haben. Über die Umsetzung dieser Entscheidung findet zurzeit eine Abstimmung statt, die noch nicht abgeschlossen ist." Erst danach könne sich die Stadt näher zum Thema äußern.

Toni Klein (Name geändert) ist seit vielen Jahren Feuerwehrmann. Er ist im Rettungsdienst gefahren, hat Brände gelöscht und Menschen gerettet. Trotz großer Verantwortung und Stress sowie Dienst Tag und Nacht, sonn- und feiertags hat er seinen Beruf gern ausgeübt. "Ich habe nie auf ein paar Minuten mehr oder weniger geschaut", sagt er. Die Kollegen ebenso wenig. "Wir haben nun mal keine Stechuhr." Laut Klein gibt es in Bonn knapp 300 Wehrleute, rund 250 müssten entschädigt werden.

Doch die nun von der Stadt diskutierten Lösungsmöglichkeiten lassen das Fass für Klein überlaufen. Für die finanzielle Abgeltung der zu viel geleisteten Arbeit hat die Verwaltung eine Stundenzahl von 435 für die Jahre von 2004 bis 2006 festgelegt, als Stundenlohn 9,42 Euro (brutto) für die Besoldungsgruppen A 7 und A 8 sowie 12,92 Euro für A 9 und A 9 mit Zulage.

"Alternativ könnte auch ein für alle Beamte geltender Mittelwert als Einheitssatz vereinbart werden", heißt es in dem Schreiben weiter. Bei der Berechnung wurden die Stundenlöhne um 20 Prozent gekürzt, was nach Auffassung der Stadt im Einklang mit dem OVG steht. Die Zahlung soll aber nur dann erfolgen, wenn alle Feuerwehrleute ihren Verzicht auf weitere Ansprüche erklärten.

Für Klein ist die Anerkennung von 435 Stunden ein Hohn. Die Feuerwehr habe weit mehr geleistet. Mindestens das Doppelte , sagt ein Kollege. Das würde bedeuten: Die Stadt müsste dann sogar rund zweieinhalb Millionen Euro zahlen. Klein betont: "Keiner sagt, dass wir - und das relativ häufig - bis zu 72 Stunden Dienst in fünf Tagen machen." Danach gebe es zwar vier Tage frei, doch erholen könne man sich nach solch einem Power-Programm nicht wirklich.

Eine weitere Möglichkeit der Entschädigung sieht die Stadt im Freizeitausgleich. Der soll, wie es in dem Schreiben des Personalrates weiter heißt, bis Ende Juni 2012 ausgeschöpft werden. "Der Anspruch, der aus dienstlichen Gründen bis dahin nicht ausgeglichen werden konnte, wird durch einzelvertragliche Regelungen finanziell abgegolten", schreibt Amtsleiter Thomas.

Einen Freizeitausgleich hält Feuerwehrmann Klein dagegen für nicht machbar: "Dafür haben wir zu wenig Personal."

Ähnlich ist es offenbar in Köln. Dort heißt es in einem Verwaltungspapier, dass im Fall eines nachträglichen Freizeitausgleiches so viele Feuerwehrleute fehlen würden, "dass einzelne Löschzüge personell nicht mehr besetzt werden" könnten.

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