Landgericht 19-Jährige in Bonn am Zopf vom Boden gehoben

Bonn · Vor dem Bonner Landgericht muss sich ein gescheiterter Student (31) wegen verschiedener exzentrischer Ausraster verantworten. Der Richter muss entscheiden, ob er in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss.

 Das Landgericht Bonn.

Das Landgericht Bonn.

Foto: dpa

Es war mal wieder „Rhein in Flammen“. Zwei Freundinnen saßen im Mai 2017 beim Picknick in der Rheinaue und warteten auf das große Feuerwerk. Hinter ihnen lärmte ein fremder Mann, der die beiden 19-Jährigen in einer Endlosschleife beschimpfte. „Jetzt ist es aber gut!“, blaffte die eine den Querulanten an. Da stand der Fremde ohne Weiteres auf, nahm sie beim Zopf und hob sie so in die Höhe, dass sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. Den schmerzhaften Haarstunt machte er ein zweites Mal, ließ die junge Frau fallen und stieß sie den Hügel herunter. Ihre Freundin, die intervenierte, bekam noch einen Fußtritt in den Rücken. Für beide Mädchen war der Abend gelaufen, sie hatten massive Schmerzen in Nacken und Rücken. Den brutalen Zopfzieher zeigten sie an.

Mit Ausrastern und Verrücktheiten aufgefallen

Wegen verschiedener Ausraster und Verrücktheiten war der 31-jährige Bonner innerhalb von zwei Wochen ins Blickfeld der Justiz geraten: Jetzt muss sich der ehemalige Student der Elektrotechnik wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung sogar vor dem Bonner Landgericht verantworten. Denn ein Amtsrichter hatte den Fall, der ihm sonderlich vorkam, ans Landgericht verwiesen, da nur eine große Strafkammer entscheiden kann, ob der Angeklagte in eine psychiatrische Klinik untergebracht werden muss.

Seine Ausraster kamen unerwartet: So auch die Szene am 30. April 2017 an einer Haltestelle in Oberkassel: Der Ex-Student, der zur „Strandbar“ wollte, ärgerte sich, dass die S-Bahn nicht weiterfuhr. Da gab ihm eine 85-Jährige, die auf einen Rollator angewiesen ist, einen freundlichen Rat, wie er an sein Ziel kommen könnte: Dafür bekam die Seniorin einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht. Ein Ehepaar – beide 71 Jahre alt –, das ihr zu Hilfe eilte, wurde ebenfalls geschlagen.

Exmatrikulation nach vier gescheiterten Mathe-Klausuren

„Warum?“ wollte Kammervorsitzender Klaus Reinhoff zum Prozessauftakt wissen. „Ich finde das voll unverschämt, wenn so eine dumme Nuss mir die Welt erklären will“, echauffierte sich der Angeklagte, räumte dann aber auch ein, dass das „voll bescheuert von mir war“. Später erklärte er, dass die alte Frau ihn an seine ungeliebte Großmutter erinnert habe, die ihn beim Studium finanziell hängen gelassen habe. Und warum die anderen Schläge?, so Reinhoff. „Weil sie daneben gestanden haben“, er habe ihr „Gequatsche“ nicht ertragen. „Da geht ihre Sicherung aber flott los!“, meinte der Richter.

Der Angeklagte, der seit vielen Jahren Marihuana konsumiert, nickte und räumte ein, dass das nicht in Ordnung war. Damals sei er so schnell ausgerastet, weil er als Student von der Uni geflogen ist, nach vier gescheiterten Matheklausuren war er exmatrikuliert worden. Seitdem sei er ziemlich depressiv.

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