Reparaturen dringend nötig 20.000 Schadstellen im Bonner Kanalsystem

BONN · So lange wie ein Aquädukt aus römischer Zeit hält heute längst kein Kanal mehr. Das weiß keiner so gut wie Peter Esch, Leiter des Bonner Tiefbauamtes. Die Bonner Abwasserkanäle sind zum Teil mehr als 100 Jahre alt und müssen an vielen Stellen dringend repariert oder erneuert werden.

 Die Kanalarbeiten an der Auerberger Fritz-Wöhler-Straße im Frühjahr 2014.

Die Kanalarbeiten an der Auerberger Fritz-Wöhler-Straße im Frühjahr 2014.

Foto: Barbara Frommann

Rund 20 Millionen Euro steckt Bonn pro Jahr in dieses System. Diese Investitionskosten bekommt im nächsten Jahr jeder zu spüren: Denn die Abwassergebühren werden 2016 leicht steigen. Bei den Sanierungsarbeiten handelt es sich jedoch nicht um Schönheitsreparaturen. "Kanalbau ist aktiver Umweltschutz", sagt Peter Esch.

Die Stadt ist für Neubau, Sanierung, Unterhaltung und Betriebssicherheit der Abwasserleitungen verantwortlich. Doch die Systeme unter der Erde sind größtenteils in die Jahre gekommen. Etwa drei Prozent der Rohre sind sogar älter als 100 Jahre, neun Prozent mindestens 76 Jahre alt. Der größte Teil der Abwasserkanäle (44 Prozent) hat bereits eine Lebensdauer zwischen 26 und 50 Jahren hinter sich, etwa 22 Prozent werden schon seit 51 bis 75 Jahren genutzt. Aber: "Allein vom Alter kann man nicht auf den Zustand eines Kanals schließen", so der Leiter des Tiefbauamtes. Deshalb bewertet die Stadt das gesamte Labyrinth regelmäßig.

Dafür werden Kameras hinabgelassen, die Aufnahmen vom Zustand der Rohre nach oben liefern. Alle Angaben werden dann in ein Bewertungsmodell eingespeist. Je nach Zustand wird entschieden, welche Teilabschnitte unverzüglich erneuert oder repariert werden müssen, welche noch warten können. Dabei werden auch andere Planungen berücksichtigt. "Wenn in einem betroffenen Bereich Straßenbauarbeiten vorgesehen sind, dann kombinieren wir eine anstehende Reparatur damit. Es macht ja keinen Sinn, eine Straße innerhalb kürzester Zeit zweimal aufzureißen", so der Amtsleiter.

Teilweise entdecken die Mitarbeiter des Tiefbauamtes bei der Inspektion noch Abwasserrohre, die aus Backstein gemauert sind. Die sind jedoch nicht unbedingt anfälliger als Betonrohre. "Handeln müssen wir, wenn keine Sohle mehr vorhanden ist und das Abwasser versickern kann", so Esch. Aber auch Bäume, die sich mit ihren feinen Wurzeln einen Weg zum Wasser suchen und dann zu Rissen im System führen, sind der Alptraum seiner Mitarbeiter. "Dann müssen wir sofort aktiv werden", sagt Esch. Insgesamt müssen in der Stadt in den nächsten zehn Jahren 20 000 Schadstellen im Abwassersystem behoben werden.

8,2 Millionen Euro für Entlastungskanals in Mehlem

Das größte Projekt ist derzeit der Neubau des Entlastungskanals in Mehlem, der 2017 beendet sein soll. Dafür werden rund 8,2 Millionen Euro investiert. Auch im Bereich des Hochkreuzes in Bad Godesberg wird aktuell gearbeitet, damit alles fertig ist, wenn die Nachrüstungsarbeiten am Tunnel beginnen.

Sorgenvoller blickt Esch auf die Römerstraße. Denn der Name allein lässt schon erahnen, welche Bedeutung dieser Bereich einmal hatte. Derzeit erledigen die Stadtwerke ihre Arbeit. "Aber die bewegen sich nur in einer Tiefe von etwas mehr als einem Meter. Wir sind da schon deutlich tiefer unterwegs", sagt er und grübelt. Deshalb geht er davon aus, dass bei den Grabungen durchaus Fundstücke aus der Römerzeit zutage kommen. Er hofft aber, dass der Zeitplan dadurch nicht durcheinander gerät. Denn als Tiefbauamtsleiter fürchtet er archäologische Funde mehr als jeden Wurzelschaden.

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