"Aktion Mensch" 250 Gäste zum Auftakt des inklusiven Filmfestivals im Landesmuseum

Bonn · Helle und dunkle Schatten prägen die visuelle Welt von Anke Hillebrand. Die 45-Jährige ist fast vollständig erblindet. Vor diesem Hintergrund wirkte es zunächst ungewöhnlich, sie auf einem Filmfestival anzutreffen.

Anke Hillebrand ist begeistert von dem Auftaktfilm des inklusiven Festivals der "Aktion Mensch".

Anke Hillebrand ist begeistert von dem Auftaktfilm des inklusiven Festivals der "Aktion Mensch".

Foto: Barbara Frommann

In Anwesenheit von Martin Georgi, Vorstand der "Aktion Mensch", Hubert Hüppe, Bundesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen, sowie mehrerer städtischer Vertreter, feierten am Donnerstagabend etwa 250 geladene Gäste, darunter auch Anke Hillebrand, den Auftakt des inklusiven Filmfestivals der "Aktion Mensch" in Bonn.

Unter dem Motto "überall dabei" tourt die Veranstaltung bereits seit September 2012 bundesweit durch 40 Städte. Noch bis zum 17. April ist das LVR-Landesmuseum, Colmantstraße 14-16, Ausstrahlungsort für sechs Filme zu jeweils einer Art von Behinderung. In Kooperation mit der Lebenshilfe Bonn stand bei der Auftaktveranstaltung der gesellschaftliche Einbezug von Menschen mit geistiger Behinderung im Fokus. Nach einer Begrüßung wurde der schwedische Film "Die Kunst sich die Schuhe zu binden" gezeigt. Bild und Ton wurden sowohl von Gebärden- und Schriftdolmetschern als auch audiodeskriptiv unterstützt.

Sensibel und eindrucksvoll macht der Film deutlich, dass "jeder Talente hat - und Baustellen", sagte Georgi. Eine gleichberechtigte Einbindung aller Menschen in die Gesellschaft erfordere Mut, Engagement und Rückgrat. Es gehe um den Abbau von technischen und geistigen Barrieren, aber auch von Berührungsängsten - so subtil sich diese auch bemerkbar machen. "Die Gesellschaft soll nicht so ängstlich sein und ruhig die Leute ansprechen", wünscht sich auch Anke Hillebrand, Betroffene wollten Gehör finden, kein Mitleid.

Zum Ziel des Festivals sagte Georgi: "Das Gesamtziel barrierefreier Kinos in Deutschland ist noch nicht erreicht. Aber das inklusive Filmfestival hat einen guten Anstoß gegeben." Während Anke Hillebrand diese Einschätzung teilt, widerspricht Elke Diesem vehement. Seit knapp sieben Jahren ist sie an den Rollstuhl gebunden. "Für Rollstuhlfahrer sind Bonn und die Bonner Kinos eine Katastrophe", findet Diesem.

Und auch, wenn auf dem Festival versucht wird, mit gutem Beispiel voranzugehen, ist eine Aufzug-Odyssee durch das Labyrinth des Landesmuseums notwendig, um die Besucher mit Gehbehinderung in den Filmsaal zu führen. Dennoch dient das Festival als Gesprächsplattform. Derzeit noch primär für Menschen mit Behinderung und solche, die sich mit der Thematik befassen. Ein Besucher mit geistiger Behinderung fasste die Inklusionsthematik zusammen: "Nur, wenn wir gemeinsam handeln, können wir etwas erreichen - nicht jeder Einzelne."

Anke Hillebrand war von dem Film und der technischen Umsetzung begeistert: "Ohne Audiodeskription verstehe ich meist nur 80 Prozent." Auf dem Festival hat sie alles mitbekommen - als Teil der Gesellschaft.

Das vollständige Programm auf www.aktionmensch.de

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