Landgericht Bonn 26-Jähriger stach auf Brüder ein

BONN · Seine Familie kann nicht fassen, was mit dem 26-Jährigen los ist: Er nimmt Eltern und Geschwister als Feinde wahr und sieht sie als "Dämonen mit schwarzen Augen". Im Wahn schlug er seine Eltern und stach zuletzt auf zwei seiner Brüder mit dem Messer ein. Am Freitag befand das Bonner Landgericht den 26-Jährigen für schuldunfähig, aber gefährlich und wies ihn in eine psychiatrische Klinik ein.

Wie der Vorsitzende der 3. Großen Strafkammer, Klaus Reinhoff, erklärte, steckt der 26-Jährige seit seiner Jugend in einem Kreislauf aus Gewalttaten und Gefängnisaufenthalten. Denn sobald er aus der Haft entlassen wurde, machte er genauso weiter. Mit der Zeit verhielt er sich zunehmend irrational und landete mehrfach in der Psychiatrie, zum Beispiel, nachdem er einmal mit einem Samuraischwert durch Tannenbusch gelaufen war. Möglicherweise trug sein jahrelanger Cannabis- und Kokainkonsum mit zu seinem immer wahnhafteren Zustand bei: Man wisse ja mittlerweile, welche Psychosen das verursachen könne, so Reinhoff.

Im vergangenen Jahr wurde der Wahn des 26-Jährigen immer stärker. Er empfand seine Eltern und Geschwister als gefährlich, war sicher, dass sie ihn um sein Erbe bringen und ihm Gewalt antun wollten, um ihn zu schwächen. Im Juni schlug er seine Schwester, ging wenig später auf seine Mutter los, schlug und verletzte sie. Er wurde der Wohnung verwiesen, kehrte jedoch zurück und attackierte seinen Vater. Er landete erneut in der psychiatrischen Klinik.

Doch er wurde wieder entlassen. Seine Wahnvorstellungen waren jedoch nicht schwächer, sondern nur noch stärker geworden. Ende Februar verletzte er einen Postboten mit dem Messer, blieb jedoch auf freiem Fuß. Am 14. März war sein Wahn so stark, dass es für ihn kein Halten mehr gab: Um 15 Uhr ging er am Tannenbuscher Einkaufszentrum auf seinen 42-jährigen Bruder los und stach zwei Mal auf ihn ein.

Als er einige Meter weiter seine Schwägerin sah, trat er ihr so gegen den Kopf, dass sie Hämatome erlitt. Und am Abend stach er auf einen weiteren Bruder ein. Nun vor Gericht fragte ihn sein 42-jähriger Bruder erkennbar erschüttert: "Warum stichst du auf mich ein? Ich bin doch dein Bruder."

Dass der 26-Jährige für seine Taten strafrechtlich nicht verantwortlich ist, weil er endgültig in einem Wahnsystem gefangen ist, erklärte der psychiatrische Gutachter. Das Gericht sprach den 26-Jährigen deshalb auch von den Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung frei. Aber weil der Mann für andere sehr gefährlich sei, müsse er in der geschlossenen Anstalt untergebracht werden. "Wir hoffen", sagte Richter Reinhoff, "dass die Behandlung ihm hilft, wieder ein gutes Verhältnis zu seiner Familie zu finden."

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