Sprachförderung für Kleinkinder 50 Vokabeln pro Tag

BONN · Der Bonner Känguru-Verein bietet Kleinkindern eine kostenlose Sprachförderung. Ein Elternteil ist immer dabei.

 Vor allem unter Dreijährige werden in den Känguru-Kursen gefördert. Davon profitieren sollen aber auch die Eltern.

Vor allem unter Dreijährige werden in den Känguru-Kursen gefördert. Davon profitieren sollen aber auch die Eltern.

Foto: Privat

Uta Claußen trägt gerade einen neu vereinbarten Sprachkurs für Kleinkinder in die Liste des Bonner Känguru-Vereins für frühkindliche Bildung ein. „2008 haben wir mit einem Känguru-Kurs begonnen, jetzt haben wir 35 Kursanfragen zu bewältigen“, berichtet die Vereinsvorsitzende.

Einerseits sei das eine Folge des aktuellen Zuzugs von Flüchtlingsfamilien, der Bedarf sei riesig. Andererseits sei es aber auch ein Zeichen, dass das Projekt sehr gut greife. Claußen selbst ist Logopädin, und sie berichtet mit Begeisterung von der Konzeption, schon kleinsten Kindern die deutsche Sprache näherzubringen, und zwar ganz bewusst in Begleitung eines Elternteils. Känguru ist ein Sprachförderprogramm speziell für Kinder mit Migrationshintergrund im Alter von 18 bis 36 Monaten.

Unter Dreijährige besitzen laut Claußen noch ein ungeheures intuitives Sprachlernvermögen. „Sie können bis zu 50 Vokabeln am Tag lernen. Später werden es nur noch fünf sein.“ Dann habe sich unwiederbringlich das Zeitfenster geschlossen, in dem der Mensch so aufnahmebereit sei. „Deshalb werden diese Kinder angemeldet, und ihre Eltern werden intensiv und aktiv in den Sprachlernprozess mit einbezogen“, erklärt sie. Warum mindestens ein Elternteil dabei sein soll? „Eltern können ihre so kleinen Kinder emotional oft nur schwer abgeben. So vermeiden wir den Abschiedsschmerz, Vater oder Mutter lernen indirekt gleich mit“, meint Claußen.

Ideal sei eine Gruppengröße von bis zu sechs Eltern-Kind-Paaren. Das Kind sitze im Schoß von Mutter oder Vater und nehme Sprache, Mimik und Gestik der Kursleiterin auf. „Wir sprechen Deutsch, die Mutter oder der Vater wiederholen das noch einmal in ihrer Heimatsprache. So lernt das Kind zweisprachig.“ Was wertvoll für die weitere sprachliche Entwicklung von Menschen sei, die aus dem Ausland in eine fremde Sprache und Kultur hineinkommen. „Wir wertschätzen damit auch die Muttersprachkompetenzen der Familie“, betont Claußen.

Man baue aber darauf auch das Deutsch-Lernen auf. Ganz früh müssten die Weichen gestellt werden, dass die Familie bilingual kommunizieren könne, sagt Claußen. „Eines der größten Probleme für Heranwachsende in Schulen ist doch, dass viele eigentlich nur noch doppelte Halbsprachler sind.“ Sie seien weder fähig, korrekt die Muttersprache ihrer Eltern noch Deutsch zu sprechen, zu lesen und zu schreiben.

Die Kurse legten eine gute Basis, dass es dazu nicht komme, erklärt Claußen. Die Eltern unterstützten ihr Kind beim Erlernen der ersten Muttersprache, der Familiensprache, aktivierten es aber auch, die Sprache der neuen Heimat, also Deutsch, genauso gut zu lernen. Deutschkenntnisse der Eltern müssten nicht zwingend vorhanden sein. Das Programm wird von ausgebildeten Fachkräften über einen Zeitraum von sechs Monaten angeboten.

Es finden 32 Fördereinheiten an jeweils ein bis zwei Terminen pro Woche statt. Um die 500 Kinder sind inzwischen unterrichtet worden. Derzeit sei der Verein mit dieser Vorbereitung auf den Kindergarten in einer ganzen Reihe Familienzentren tätig, so Claußen. Er gehe aber auch regelmäßig in die Flüchtlingsunterkünfte Paulusheim und Gerhard-Hauptmann-Straße. „Die Kurse sind kostenlos. Sie sind rein spendenfinanziert, und wir bekommen über den Landschaftsverband Zuschüsse.“

Kontakt: 02 28/92 61 69 71 oder unter www.kaenguru-sprache.de

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