Fahrverbot noch nicht vom Tisch 53.400 Fahrzeuge in Bonn wären von Luftreinhalteplänen betroffen

BONN · Das Thema Fahrverbot für Bonn ist nach einer Klage der Umwelthilfe gegen die Luftreinhaltepläne der Stadt noch nicht vom Tisch: Viele Privatleute, aber auch die Stadt, Bonnorange und die Stadtwerke wären davon betroffen.

Der qualmende Auspuff eines Dieselfahrzeugs.

Der qualmende Auspuff eines Dieselfahrzeugs.

Foto: dpa

In Stuttgart ist ein partielles Dieselfahrverbot beschlossene Sache, um die Feinstaubbelastung zu senken. In Bonn gibt es zwar seit der Einführung von Rußpartikelfiltern kein großes Feinstaubproblem mehr, aber seit Jahren übersteigt der Stickstoffdioxid-Wert an den Messstellen Reuterstraße und Bornheimer Straße das EU-weit Erlaubte. Deshalb ist ein Fahrverbot noch nicht vom Tisch.

Die gerichtliche Entscheidung des Kölner Landgerichts zu einer Klage der Umwelthilfe gegen die Luftreinhaltepläne der Stadt Bonn steht weiter aus. Betroffen sein könnten nach Angaben der Stadt Halter von rund 53.400 Fahrzeugen. So viele Dieselfahrzeuge sind in Bonn zugelassen – nicht mitgezählt die bundesweit eingesetzten Autos der Dax-Unternehmen Telekom und Deutsche Post. Beide haben ihren deutschlandweiten Fuhrpark in Bonn angemeldet.

Behörden und Unternehmen wären von einem Fahrverbot betroffen, das wohl Diesel betreffen würde, die nicht die aktuelle Euro-6-Norm erfüllen. Die Telekom hat derzeit in Bonn 2300 Dieselfahrzeuge über alle Fahrzeugklassen im Einsatz, 1400 davon sind mit Euro-6-Motoren ausgerüstet. Diese Quote soll von derzeit rund 60 Prozent bis Ende des Jahres auf 80 Prozent steigen, so Peter Kespohl von der Telekom.

Die Stadt selbst hat laut Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann 397 Dieselfahrzeuge im Einsatz, davon fahren 93 nach Euro-6-Norm. Zum größten Teil seien das Transportwagen, einige wenige „selbstfahrende Arbeitsmaschinen“ wie beispielsweise Flächenrasenmäher. Von der genannten Gesamtzahl sind 123 Diesel bei der Feuerwehr im Einsatz, 20 erfüllen die Euro-6-Norm, die im Jahr 2014 die Euro-5-Norm ablöste.

Polizei fährt moderne Autos

Eine Neuanschaffung erfolgt in der Regel nach zehn Jahren. „Alle Neuanschaffungen richten sich nach den dann gültigen Umweltnormen“, so Hoffmann. Wenn es wirtschaftlich möglich sei, würde auf klimafreundlichere Benziner oder alternative Antriebe gesetzt. Jüngst habe die Stadt anstelle von drei Doppelkabiner-Lkw drei reine Elektrofahrzeuge vergleichbarer Bauart beschafft. Der Oberbürgermeister fährt mit einem Hybrid-Dienstwagen.

Das kommunale Dienstleistungsunternehmen Bonnorange verrichtet Stadtreinigung, Müllabfuhr und Winterdienst mit 120 Dieselfahrzeugen, darunter 13 mit Euro-6-Norm. Wie Sprecherin Jasmin Mangold sagte, sind letztere vor zwei Jahren gekauft worden. Nach der Abschreibungszeit von sieben bis zehn Jahren erfolge eine Neuanschaffung. Dabei werde darauf geachtet, „dass immer die strengste Abgasnorm erfüllt wird“. Bei den Touren durch das Stadtgebiet werden Fahrstrecken und Fahrweise optimiert.

Die Bonner Polizei setzt auf moderne Autos und tauscht den Fuhrpark regelmäßig aus. Die 175 Funkstreifenwagen BMW 318d Touring sind aus den Baujahren 2015, 2016 und 2017 und verfügen über Motoren der neusten Norm. Die Streifenwagen werden in Intervallen mit anderen Kreispolizeibehörden getauscht, so Bonns Polizeisprecher Simon Rott. Hintergrund: Die Kreispolizisten fahren in der Regel mehr Kilometer als die Kollegen in der Stadt.

„Auch die Mannschaftswagen werden alle drei, spätestens vier Jahre getauscht“, erklärte ein Mitarbeiter des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste. Diese Wagen seien allerdings in ganz Nordrhein-Westfalen im Einsatz.

Elektro-Busse im Test

Die 180 Busse, die für die Stadtwerke Bus und Bahn im Einsatz sind, haben ein Durchschnittsalter von 6,4 Jahren. „51 unserer Busse erfüllen die Euro-6-Norm, bis Ende 2017 werden es 64 sein“, sagte SWB-Sprecher Werner Schui. Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts Zeus testen die SWB derzeit sechs Elektro-Busse.

Den Einsatz alternativer Antriebsformen begrüßt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) mit Sitz in Bonn. Es führt die Schadstoffmessungen in NRW durch. „Die Schadstoffe fallen nicht lokal an. Am besten ist natürlich die Kombination mit Strom aus erneuerbaren Energien“, so Lanuv-Pressesprecherin Birigt Kaiser de Garcia.

Das Gros der älteren Diesel steuern allerdings Bürger durch die Straßen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) geht davon aus, dass Anfang 2018, wenn in Deutschland die ersten Fahrverbote greifen sollen, knapp drei von vier Dieselautos (71,8 Prozent) keine Euro-6-Norm haben.

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