Vollbremsung in Bonner Bus 70-Jährige stürzt und will Schmerzensgeld

Bonn · Keine Chance vor dem Bonner Amtsgericht hatte eine 70-Jährige, die im Linienbus 800 zwischen Duisdorf und Rheinbach bei einer Vollbremsung auf den Kopf gefallen war.

Vollbremsung in Bonner Bus: 70-Jährige stürzt und will Schmerzensgeld
Foto: dpa

Nach Angaben der Klägerin sei sie bei der „rücksichtslosen Bremsung” des Busfahrers auf der Abbiegespur im hinteren Teil des Busses von der Sitzbank gerutscht, gestürzt und mit Rücken und Kopf aufgeschlagen. Der Vorfall am 3. Februar 2016 auf der Bahnhofstraße in Duisdorf wurde von Amtsrichter Jan Kraus jetzt detailliert aufgeklärt. Denn die beklagte Verkehrsgesellschaft wehrte sich gegen die Klage.

Es sei durchaus richtig, so die Beklagte, dass der Busfahrer gegen 16.38 Uhr auf der Linksabbiegespur stark bremsen musste. Aber der Grund sei keine mutwillige Brems-Eskapade ihres Mitarbeiters gewesen sondern vielmehr ein Autofahrer, der sich von rechts vorgedrängt habe und mit dem Bus zu kollidieren drohte. Ein Zeuge bestätigte im Prozess: Der Autofahrer sei so dicht herangefahren, dass er geglaubt habe, das Auto habe den Bus schon gerammt. Richtig sei auch, dass die Seniorin durch die Bremsung gestürzt ist.

Das wurde nicht nur von Zeugen, die ihr sofort halfen, sondern auch von der Überwachungskamera im Innenraum des Busses bestätigt. Aber das Video offenbarte auch, dass die 70-Jährige nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte: Denn zum Bremszeitpunkt hatte sie keineswegs gesessen, sondern war bereits „bei voller Fahrt“ aufgestanden – wahrscheinlich um bei der nächsten Haltestelle auszusteigen. Dabei habe sie sich ausschließlich – so wörtlich – „an einen Gegenstand geklammert, der mutmaßlich ihre Handtasche“ war. Mit keiner Hand hatte sie sich, so zeigen es die Bilder aus der Kamera, an einem Halteständer oder Griff gesichert.

Damit hat die Klage kaum Aussicht auf Erfolg, so Richter Kraus. Denn es sei die Pflicht eines jeden Fahrgastes, wie es in § 4, Absatz 3, der Beförderungsbedingungen (BefBedV) heißt, sich mit beiden Händen festzuhalten, bis der Bus zum Stillstand kommt. Laut Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2012 müsse ein Fahrgast im großstädtischen Verkehr sogar jederzeit damit rechnen, dass „plötzlich Gefahrensituationen auftreten, die einen abrupten Einsatz der Bremsen erforderlich machen“.

AZ: AG Bonn 116 C 130/16

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