Umfrageergebnis zu Ehe und Familie 85 Prozent der Befragten lehnen Verhütungsverbot ab

BONN · Die Antworten von Bonner Katholiken auf die von Papst Franziskus im vorigen Jahr initiierte weltweite Online-Umfrage zu Ehe und Familie hat viele im Stadtdekanat kaum überrascht. Danach wirkt für die meisten Katholiken die Sexualmoral der Amtskirche "weltfremd".

Sie verkenne die "Vielgestaltigkeit heutiger Beziehungsformen", heißt es unter anderem in den 7000 Antworten auf die lokale Umfrage, die Norbert Koch, Referent für Ehepastoral am Bonner Münster, und sein Stadtdekanatsteam in wochenlanger Arbeit ausgewertet haben.

"Neu für uns war vor allem die Offenheit, mit der die Befragten die Themen an- und ausgesprochen haben", sagt Koch. 2217 Bonner hatten sich an der Bonner Befragung beteiligt, die das Stadtdekanat Koch zufolge mit einem eigenen Fragenkatalog ergänzt hatte. Um die 80 Prozent der Antwortenden sind katholisch. In Bezug auf das Alter, das Geschlecht und die Lebenssituation seien sie durchaus aussagekräftig für die Katholiken im Bonner Raum, so der Referent.

In einer ganzen Reihe Wortmeldungen sei die "tiefe Not und Verzweiflung greifbar, mit der sich Befragte aus der kirchlichen Gemeinschaft oder dem kirchlichen Dienst ausgeschlossen sehen". Etwa, weil ihre Ehe scheiterte oder weil sie homosexuell seien. Kirche möge hier nicht weiter ihrem negativen Verbotsimage gerecht werden, sondern das Leben in seinen vielfältigen Ausprägungen akzeptieren, forderten sie.

So hätten sich 1703 der Befragten (77 Prozent) gegen die Amtskirchenmeinung ausgesprochen, Homosexualität sei auf keinen Fall zu billigen. Das Verbot der Empfängnisverhütung lehnen 1884 (85 Prozent) der Befragten ab. Und dass laut Kirchenlehre "jeder eheliche Akt von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens ausgerichtet bleiben muss", verneinen 1851 (83 Prozent) der Befragten.

Ziehe man in Betracht, dass 81 Prozent der Teilnehmer der Online-Befragung Katholiken seien und 68 Prozent der Befragten für sich eine "große Kirchenbindung" reklamierten, "so wird man nüchtern schlussfolgern müssen, dass auch unter den Kirchenmitgliedern die kirchliche Ehelehre quer durch alle Altersgruppen überwiegend nicht akzeptiert wird", lautet ein Fazit.

Denn während die kirchlichen Aussagen zur Familie signifikant weniger bekannt seien, jedoch ein hohes Maß an Zustimmung erfahren würden, sei das Verhältnis von Bekanntheit und Zustimmung bei den Aussagen zu Ehe und Sexualität genau umgekehrt: Der Bekanntheitsgrad sei hoch und die Zustimmung tendenziell sehr niedrig.

Allerdings werde nahezu durchgängig begrüßt, dass Kirche für den Wert von Liebe, Partnerschaft, Ehe und Familie eintrete. Aus verschiedenen Jugendstudien weiß Koch, dass bei sehr jungen Menschen unter 20 Jahren der Wunsch nach einer harmonischen Partnerschaft und Familie einen hohen Stellenwert einnehme.

"Die Bonner Katholiken erwarten von ihrer Kirche, dass sie sich mit ihnen auf den Weg zu einer lebensnahen, evangeliumsgemäßen und jeden Menschen wertschätzenden Kirche macht", hält Stadtdechant Wilfried Schumacher als eine Kernbotschaft fest. Koch zufolge plant das Stadtdekanat nun einen Studientag, an dem alle teilnehmen können, die mit den Themen Familie und Partnerschaft zu tun haben.

Info

Die komplette Umfrage finden Sie als Pdf-Dokument hier.

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