Verkehr in Bonn und Siegburg So lief der Start des 9-Euro-Tickets in der Region

Update | Bonn/Siegburg · Seit dem Morgen kann das 9-Euro-Ticket genutzt werden. An den Bahnhöfen in Bonn und Siegburg war zwar viel los. Einen besonders großen Andrang haben Verkehrsverbände und Reisende jedoch nicht festgestellt.

Viel los war am Mittwochmorgen am Bonner Hauptbahnhof. Einen besonders großen Andrang aufgrund des 9-Euro-Tickets hat es aber nicht gegegen.

Viel los war am Mittwochmorgen am Bonner Hauptbahnhof. Einen besonders großen Andrang aufgrund des 9-Euro-Tickets hat es aber nicht gegegen.

Foto: Benjamin Westhoff

Seit Mittwoch gilt nun das viel diskutierte 9-Euro-Ticket, und es hat zumindest am ersten Geltungstag nicht den Anschein, dass die Bahnhöfe, die Bushaltestellen und überhaupt die Züge, Bahnen und Busse so überfüllt sind, dass nichts mehr geht auf den Strecken in Bonn und der Region. Die Deutsche Bahn (DB), der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und die Stadtwerke Bonn (SWB) sprechen von einem „normalen“ Werktag. Wobei „normal“ ein dehnbarer Begriff ist. Denn gut gefüllt sind die Bahnsteige am Bonner Hauptbahnhof, dem anliegenden Busbahnhof und dem Siegburger ICE-Bahnhof durchaus.

Ein Mitarbeiter der DB betreut Kunden am Hauptbahnhof beim Ticketkauf am Automaten. Er sagt am späten Vormittag, der Bahnhof sei noch nicht überlaufen. Mehr sei in den letzten Tagen zu tun gewesen, als es bei vielen Kunden noch Beratungsbedarf beim Kauf am Automaten gegeben habe. Vollere Züge erwarten die Betreiber vom VRS bis zur DB am Pfingstwochenende, wie deren Sprecher erklären. In den kommenden beiden Tagen will der VRS mitteilen, auf welchen Strecken Verstärkerbahnen in Doppeltraktion im Einsatz sein werden.

Kathrin Ellwart wohnt in Bad Godesberg und ist für eine Dienstreise auf dem Weg nach Berlin. Die 54-Jährige reist mit dem ICE. Für Fahrten in Bonn und Umgebung werde sie das Ticket aber nutzen: „Es ist eine gute Werbung für den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr“, findet sie.

Am Samstag will Ellwart mit ihrer Frau die Jubiläumsausstellung in der Bundeskunsthalle besuchen. Normalerweise hätten sie für diese Fahrt das Auto genutzt. Damit sich dauerhaft etwas ändere, sei aber nicht nur der Preis, sondern auch der Ausbau der Infrastruktur entscheidend. „Was bringt es zum Beispiel, wenn ich auf dem Dorf lebe, wo wenig Busse und Züge fahren?“, fragt sich Ellwart.

Volker Schapitz ist Lehrer in Mühltal bei Darmstadt und mit zwei Klassen auf Klassenfahrt in Bonn. Mit dem günstigen Ticket wollen sie zum Drachenfels. Auch für die Rückfahrt nach Darmstadt wollen sie das Ticket nutzen. Die Klassenfahrt sei dadurch günstiger geworden.

9-Euro-Ticket: Lage am Siegburger Bahnhof

Am Siegburger Bahnhof ist der Andrang vergleichbar mit anderen Tagen. Die Massen kommen und gehen. Martina Wirsch hat an diesem Mittwoch frei und fährt nach Eitorf. Und sie freut sich, denn sie hat bereits eine gute Tat hinter sich: „Ich habe gerade einen jungen Mann davon überzeugt, ein 9-Euro-Ticket zu kaufen, weil es ja sehr viel billiger ist. Der hat sich dafür bedankt, weil er es nicht wusste.“ Sie selbst wohnt in Troisdorf und ist von der neuen preisgünstigen Alternative überzeugt: „Einmal Eitorf und zurück, und das Ticket hat sich gerechnet.“

Ab Freitag wird sie das Ticket nutzen, um täglich zur Arbeit nach Siegburg zu fahren. „Das werde ich grundsätzlich in den kommenden drei Monaten so machen, anschließend wird aber auch weiterhin der ÖPNV genutzt.“ Und im August geht es mit dem Ticket in den Urlaub. „Das dauert zwar ein wenig länger, aber es ist auf jeden Fall preisgünstig“. Die Rentnerin Hermine Haizmann wartet auf zwei Freundinnen, mit denen sie sich für eine Fahrt nach Frankfurt verabredet hat. „Ich freue mich so“, strahlt sie. „Und ausgerechnet in den drei Sommermonaten ist das 9-Euro-Ticket nutzbar. Das ist toll. Auch Hamburg ist bereits geplant.“ Die alte Dame will Touren am Wochenende meiden, weil es da wohl voll werde. Monika Vianden ist mit ihrer Awo-Gruppe auf dem Weg in die Eifel. Man hat weitere Pläne: Koblenz, die Ahr und viele weitere Städte „im Norden und Süden“.

Weniger euphorisch ist ein 66-jähriger Beueler, der an diesem Tag von seinem Heimatort nach Bad Hönningen in die Thermen fährt. „Das wird drei Monate eine große Party für Gruppen, immer auch gerne mit einem Kasten Bier“, vermutet er, der sich nicht ohne Ironie als „nörgelnder Rentner“ bezeichnet. Sein ganzes Berufsleben sei er mit der Bahn unterwegs gewesen. Als Dauerkarten-Besitzer profitiere er zwar ebenfalls finanziell von dem Bundeszuschuss. Er befürchtet aber, dass es ungemütlicher, voller und noch verspätungslastiger werden wird in den nächsten Monaten.

Bei ihrem Versuch, am Morgen um 8.45 Uhr mit der Buslinie 611 von Muffendorf Richtung Bonn zu fahren, ist Laura Antwerpen gescheitert. Der Bus war derart voll, dass sie mit dem Kinderwagen nicht reingepasst hat. „Das hat mich geärgert, weil ich es richtig finde, einen Anreiz für den Umstieg auf den Nahverkehr zu geben.“ Sie will es weiter versuchen. Die Kritiker sollen am Ende nicht Recht behalten.

9-Euro-Ticket: Auswirkungen auf NRW

Auch NRW-weit ist der Start am Mittwochmorgen weitgehend reibungslos angelaufen. „Es gab einen ruhigen Betriebsstart am ersten Tag des 9-Euro-Tickets ohne Auffälligkeiten“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn NRW in Düsseldorf. Das Unternehmen sei darauf vorbereitet gewesen, dass es in den Bahnhöfen und den Zügen voller als sonst werden könnte. So sei an einer Reihe großer Bahnhöfe mehr Service- und Sicherheitspersonal im Einsatz.

Seit Mitternacht gilt das 9-Euro-Ticket. Bei der bislang einmaligen Aktion können Fahrgäste für 9 Euro einen Monat lang bundesweit den Nahverkehr nutzen. Tickets werden für Juni, Juli und August verkauft. Damit sollen Pendler unterstützt werden, weil die Energiepreise stark gestiegen sind. Außerdem sollen für mehr Klimaschutz neue Nutzer dauerhaft zu einem Umstieg auf Busse und Bahnen bewegt werden.

In den Zügen wird großer Andrang erwartet, Fahrgastvertreter halten teils chaotische Zustände in Zügen und auf Bahnhöfen am Pfingstwochenende für möglich. Bis Dienstag waren nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen bundesweit rund sieben Millionen 9-Euro-Tickets verkauft worden. Das Sonderticket für 9 Euro im Monat gilt nicht in Fernzügen oder Fernbussen. Abonnenten und Jahreskarteninhaber sollen entsprechende Erstattungen erhalten.

(ga/dpa)
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