Serie „Bonner Alltagshelden in der Corona-Krise“ Bonner bereitet Krankenhaus auf Covid-19-Patienten vor

Bonn · Alltagsheld Jochen Schäfer bereitet Stationen im Gemeinschaftskrankenhaus St. Elisabeth auf Covid-19-Patienten vor. Das verlangt viel Organisation und Durchhaltevermögen.

Organisationstalent Jochen Schäfer arbeitet im Gemeinschaftskrankenhaus St. Elisabeth.

Organisationstalent Jochen Schäfer arbeitet im Gemeinschaftskrankenhaus St. Elisabeth.

Foto: Benjamin Westhoff

Jochen Schäfers Tagesablauf hat sich von heute auf morgen grundlegend geändert. Der gelernte Krankenpfleger leitet im normalen Leben drei internistische Stationen im Haus St. Elisabeth des Gemeinschaftskrankenhauses in Bonn. Bereichsleiter nennt er sich. Doch was ist in Corona-Krisenzeiten noch normal? Schäfer, den Kollegen als das geborene Organisationstalent bezeichnen, hat in nur kurzer Zeit das traditionsreiche Krankenhaus an der Prinz-Albert-Straße umgestaltet. Der 53-Jährige legt großen Wert auf das „Wir“. Allein, erklärt er, bewegt man nichts. Das gehe nur gemeinsam.

Was ist geschehen: Zwei Stationen des Krankenhauses sind komplett freigeräumt und für die Aufnahme von Covid-19-infizierten Patienten ausgerüstet. Außerdem wurde eine zusätzliche Intensiveinheit in einen OP-Saal umgebaut.  Ein Kraftakt, um für die mögliche Coronaviruswelle so gut wie möglich gewappnet zu sein. 

Um die potenziellen Patienten dort auch betreuen zu können, haben Schäfer und Kollegen  für eine entsprechende Schulung des Personals gesorgt. Denn nicht jede Krankenpflegekraft ist für die  intensivmedizinische Arbeit ausgebildet. 26 zusätzliche Pflegekräfte wurden so in anderthalb Wochen für die Arbeit auf der Intensivstation fit gemacht. Sie sollen den rund 40 etablierten Fachkollegen zur Seite stehen. „Das ist großes Kino, dass wir das in so kurzer Zeit geschafft haben“, sagt Schäfer nicht ohne Stolz.

 Der Wecker klingelt um 4 Uhr morgens

Bei ihm klingelt jeden Morgen um 4 Uhr der Wecker. Kurz nach fünf ist er bereits an seinem Schreibtisch im Elisabethkrankenhaus. Er nutzt die frühen Morgenstunden, um einige Dinge abzuarbeiten, die über den Tag liegengeblieben sind, bevor der Gesprächsmarathon mit allen anderen Verantwortlichen und mit der Pflegedirektorin Sabine Simski an der Spitze beginnt. Ein Krankenhaus ist ein äußerst komplexes Gebilde, jedes Detail ist wichtig, keine Frage darf unbeantwortet bleiben, damit am Ende alles wie am Schnürchen klappt.

„Ja, ich habe natürlich Angst“

Und? Wie steht es um seine Sorgen, eventuell auch sich selbst mit dem Virus zu infizieren? „Ja, ich habe natürlich Angst“, räumt er freimütig ein. „Aber mehr, wenn ich draußen unterwegs bin. Und auch mehr wegen Situationen, die ich geschildert bekomme. Zum Beispiel, dass sich Leute in einem Supermarkt um Mehl streiten. Das macht mir Sorge. Was verändert sich denn da gerade in unserer Gesellschaft, frage ich mich.“ 

Im Krankenhaus fühlt er sich dagegen wohl. „Die Arbeit schottet einen schon ab.“  Oft trifft er Patienten, die jetzt keinen Besuch empfangen dürfen. Auch mit ihnen spricht er viel, macht ihnen Mut, beruhigt sie. „Wenn sie die Schilder an Zimmern sehen, die auf infektiöse Patienten hinweisen, kriegen es schon manche mit der Angst zu tun“, sagt er. Doch das ist normaler Krankenhausalltag. Das hat es auch schon vor Corona gegeben.

Kritik am Sparplan des Gesundheitssystems

Was ärgert ihn zurzeit am meisten? „Wissen Sie, auf den Applaus im Bundestag für die Mitarbeiter in den Kliniken hätte ich gut verzichten können. Die Politik hat doch jahrelang zugeguckt, wie das Gesundheitssystem kaputtgespart wurde. Als ich 1988 meine berufliche Laufbahn begonnen habe, waren wir mit neun bis zehn Kollegen auf einer Station. Heute ist es gerade mal ein Drittel.“ Wie die meisten Menschen verzichtet auch Schäfer in seiner Freizeit derzeit auf Kontakte mit anderen. Selbst die beiden erwachsenen Söhne kommen zurzeit nicht mehr ins Haus.

Eines macht ihn aber sehr traurig: „Meine Mutter wird in diesem Monat 80. Das können wir jetzt natürlich nicht wie geplant feiern.“ Glücklicherweise könne sie sich noch selbst versorgen. Schäfer möchte noch eine Botschaft loswerden. „Bei allen Schwierigkeiten, die wir haben,  möchte ich sagen, wir haben einen wunderbaren Beruf. Das ist nicht nur ein Job. Ich mache meine Arbeit jedenfalls mit ganzem Herzen. Und mein großer  Wunsch ist, dass sie in Zukunft mehr wertgeschätzt wird.“

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