Evangelische Beratungsstelle Am Anfang hieß es "Emanzipation schadet der Ehe"

BONN · "Richtig Wirtschaften im Haushalt" oder "Mein und Dein in der Ehe" lauteten Fragen, mit denen sich in den 60er Jahren vor allem Frauen an die Evangelische Beratungsstelle für Erziehungs-, Jugend-, Ehe- und Lebensfragen wandten. Viel hat sich seitdem verändert, wie die Gäste der Festveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der Bonner Beratungsstelle erfahren konnten.

"Eine Beratungsstelle ist wie ein Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen", sagte Thomas Dobbek, Leiter der evangelischen Beratungsstelle in Bonn. In ihren Angeboten spiegelte sich der Rollenzwang der Hausfrau in den 60er Jahren, das Aufkommen von Arbeitslosigkeit und Drogen in den 70er Jahren, oder auch die Veränderungen der Ehepartnerschaft wider.

Als die Beratungsstelle ihre Arbeit aufnahm, waren es vor allem Frauen, die dort Hilfe suchten, wenn sie nicht wussten, wie sie Haushaltspläne erstellen oder wie sie dem hart arbeitenden Ehemann nach Feierabend ein erholsames Zuhause bereiten konnten. "Damals hieß es noch ?Emanzipation schadet der Ehe?", sagte Thomas Dobbek. Ehevorbereitungsgespräche zählten ebenso zu dem Beratungsangebot wie eine Ehepartnervermittlung. Den "Ehewilligen" wurde dabei die Bekanntschaft über einen Briefaustausch ermöglicht - vorausgesetzt sie bestanden zuvor einen Eheeignungstest.

Solche Probleme sind natürlich längst kein Thema mehr für die Evangelische Beratungsstelle. Stattdessen ist es heute die Arbeitsteilung von Mann und Frau, der oft hektische Alltag und die hohen Anforderungen an die Erziehung der Kinder, die vielfach Beratung nötig mache. "Viele Paare verlieren dabei sich selbst aus den Augen", berichtete Dobbek. "Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Beim zweiten Mal wollen es viele besser machen und suchen Unterstützung, um als Paar und neue Familie zusammenwachsen zu können und auch Patchworkfamilien und Alleinerziehende wenden sich an uns."

Etwa 60.000 Menschen haben seit ihrer Gründung 1962 in der Bonner Beratungsstelle kostenlose Hilfe gefunden. Der kirchliche Träger wird finanziell unterstützt mit Geldern der Stadt Bonn und zuständiger Jugendämtern des Landes NRW, für die er Pflichtleistung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz übernimmt, sowie zu etwa zehn Prozent aus privaten Spenden.

Das Team, bestehend aus Psychotherapeuten, Sozialarbeitern und Familientherapeuten, kümmert sich nicht nur um Probleme von Ehepartnern, sondern auch um die Nöte von Kindern und Jugendlichen sowie von älteren Menschen und Zuwanderern.

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