Flüchtlinge in Bonn "Angekommen - angenommen?"

BONN · Mord, Bedrohung und Verfolgung: Am eigenen Leib erlebte Alphonsine Kayinamura-Ihunge die Grausamkeiten von Stammeskrieg und Völkermord in Ruanda. In Sicherheit war sie mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern erst, als sie 1994 in Deutschland ankam.

 Im Chorraum der Kirche St. Winfried berichten die Flüchtlinge über ihre teilweise abenteuerliche Flucht nach Deutschland.

Im Chorraum der Kirche St. Winfried berichten die Flüchtlinge über ihre teilweise abenteuerliche Flucht nach Deutschland.

Foto: Barbara Frommann

"Damals gab es keine Integrationskurse. Wir mussten selbst sehen, dass wir so schnell wie möglich die Sprache lernten und uns einlebten", erzählte sie vor dem Altar von St. Winfried. "Angekommen - angenommen?", unter diesem Motto hatten die Don Bosco Mission, das Katholische Bildungswerk Bonn und die Pfarrgemeinde zu einem Gespräch mit Flüchtlingen eingeladen.

Weltweit sind derzeit rund 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Krieg, Gewalt, Verfolgung oder auch Armut zwingen sie dazu, ihre Heimat und ihre Familien zu verlassen. Auch in Deutschland suchen viele Schutz. Bonn gewährt aktuell rund 700 Flüchtlingen aus mehr als 30 Nationen Zuflucht, bis Ende des Jahres sollen es 800 sein. "Wir kennen alle diese Zahlen", begrüßte der Leiter des Katholischen Bildungswerkes, Johannes Sabel, die Besucher. "Doch welche Menschen stecken dahinter? Welche Lebensgeschichte haben sie und welche Hoffnungen und Wünsche?"

Während die Juristin Alphonsine Kayinamura-Ihunge heute eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist, die sich mit Engagement, Einsatz und Ausdauer eine Existenz aufgebaut hat, sind Waseem Daulatzai und Mina Salim noch weit davon entfernt. Der heute 19-jährige Waseem Daulatzai kam vor drei Jahren aus Afghanistan. Gemeinsam mit seinem Bruder hatte er dort für ausländische Streitkräfte gearbeitet. Deshalb wurden beide von den Taliban verfolgt. Rund acht Monate dauerte ihre abenteuerliche Flucht über Pakistan, der Türkei, Griechenland, Italien und Belgien.

"Teilweise sind wir zu Fuß gegangen. An manchen Tagen hatten wir nichts zu essen oder zu trinken", berichtete der 19-Jährige. In Deutschland endlich angekommen, ergaben sich neue Probleme. "Obwohl ich einen Pass und eine Geburtsurkunde hatte, wollten mir die Behörden nicht glauben, dass ich erst 16 Jahre alt war. Sie drohten mir mit Abschiebung." Erst mit Hilfe eines Rechtsanwaltes gelang es ihm schließlich, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Nach Stationen in Obdachlosen- und Asylantenheimen lebt er heute in Bonn. "Ich mache derzeit eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann", erzählte er voller Stolz.

Mina Salim hat bereits eine Ausbildung. Der ägyptische Ingenieur ist erst seit einem Jahr in Europa. Nach Umwegen über Unna und Dortmund lebt er jetzt in einer Unterkunft in Duisdorf. "Ich fühle mich wirklich willkommen hier. Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit", zog er eine erste Bilanz. Allerdings seien die Unterkünfte viel zu klein und zu viele Menschen würden auf engstem Raum zusammenleben. Derzeit lernt er intensiv Deutsch und hofft, irgendwann einmal in seinem Beruf arbeiten zu können.

Alphonsine Kayinamura-Ihunge ist auf diesem Gebiet schon viel weiter. Sie hat nicht nur privat, sondern auch beruflich Fuß gefasst. Sie baute ein soziales Netzwerk für afrikanische Frauen auf, gehörte zu den Gründerinnen des Internationalen Frauenzentrums und des Deutsch-Afrikanischen Zentrums. Und Kayinamura-Ihunge betreibt mittlerweile erfolgreich ein Catering für afrikanisches Essen betreibt.

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