Täter laut Innenminister Reul Reichsbürger Angriff in Troisdorfer Supermarkt „sollte Stimmung machen“

Troisdorf/Bonn · Nachdem am Samstag in einem Supermarkt in Troisdorf zwei Polizisten von zwei Männern schwer verletzt worden waren, gaben Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt erste Ergebnisse einer Razzia bei zwei Tatverdächtigen am Mittwoch bekannt. Der Innenminister bestätigte zudem die Reichsbürger-Verbindung.

 In der Heerstraße in Bonn hat die Polizei am Mittwoch eine Razzia durchgeführt.

In der Heerstraße in Bonn hat die Polizei am Mittwoch eine Razzia durchgeführt.

Foto: Matthias Kehrein

Nach der Schlägerei in einem Supermarkt am vergangenen Samstag in Troisdorf, bei der zwei Polizisten schwer verletzt worden waren, werten Polizei und Staatsanwaltschaft nun die Ergebnisse ihrer Razzia bei zwei Tatverdächtigen am Mittwoch aus. Sie hatten die Wohnung des 35-jährigen Tatverdächtigen in der Bonner Nordstadt sowie zwei Wohnungen in einem Troisdorfer Mehrfamilienhauses durchsucht. Dabei handelt es sich laut einer Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft um die Wohnung des 37-jährigen Tatverdächtigen sowie die einer 30-jährigen Frau, die die beiden Tatverdächtigen am Samstag im Supermarkt begleitet haben soll.

Bei dem 35-Jährigen fanden die Beamten ein Klappmesser. Aus seinem Auto wurde eine „GoPro“-Kamera beschlagnahmt. Offenbar lebt der Mann, der in Bonn gemeldet ist, zurzeit bei der 30-Jährigen in Troisdorf. Dort beschlagnahmten die Beamten neben Computern und Speichermedien auch einige Ausweisdokumente sowie eine Machete und einen Baseballschläger.

Laut Polizei war der Streit in dem Discounter eskaliert, weil die beiden Angreifer keine Mund-Nase-Masken anlegen wollten. Dazu weigerten sie sich, den Beamten ihre Personalausweise zu zeigen und ignorierten einen Platzverweis. Die Angreifer traten und schlugen die Beamten, die wegen der schweren Verletzungen noch immer dienstunfähig sind. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen gefährlicher Körperverletzung sowie tätlichem Angriff auf Polizeibeamte. Alle drei Beschuldigte sind weiter auf freiem Fuß, da es keine Haftgründe gibt.

Innenminister Herbert Reul (CDU) hat unterdessen im Düsseldorfer Landtag berichtet, dass der eskalierte Streit zwischen den Maskengegnern und den Polizisten aus seiner Sicht „ganz bewusst provoziert worden ist“. Reul sagte am Donnerstag im Innenausschuss, die Aktion „sollte Stimmung machen, mehr nicht“. Die Polizisten hätten einen Nasenbeinbruch und einen Rippenbruch erlitten. Einer der beiden bisher Verdächtigen sei den Ermittlungsbehörden inzwischen „ganz klar“ als Reichsbürger bekannt.

Das hatte das Video der Tat, das im Internet kursiert, bereits vermuten lassen. Auch war der tätliche Übergriff auf die Polizisten offenbar geplant. Einer der Angreifer filmte mit einer Body-Kamera das Geschehen, das wenig später in einem rund fünf Minuten langen Video im Internet und im Messenger-Dienst Telegram, in dem sich zurzeit auch viele Corona-Skeptiker tummeln, zu sehen war. Da waren die beiden Männer noch auf der Wache zur Vernehmung. Das legt die Vermutung nahe, dass sie Komplizen hatten, zumal die Auseinandersetzung im Video aus mehreren Perspektiven gezeigt wird.

Auch der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, Michael Maatz, sagte über den Eklat im Supermarkt: „Dieser Vorfall ist ein Skandal. Dass die beiden Polizeibeamten offensichtlich in eine Falle gelockt und schwer verletzt wurden von Menschen, die die Corona-Krise politisch ausschlachten wollen, ist nicht tolerierbar.“

Auf Reichsbürger, die die Bundesrepublik als Staat ablehnen und Behörden nicht anerkennen, deuten im Video Sätze hin wie: „Ich bin ein Mensch, ich brauche keinen Personalausweis (...) Ich bin Mensch und Souverän.“ Die Ermittlungen hat wie berichtet der Staatsschutz in Bonn übernommen.

Ob es eine größere Reichsbürger-Szene in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis gibt, dazu konnte Sebastian Buß, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bonn, auf GA-Anfrage nichts sagen. Ein mögliches politisches Motiv sei aber Gegenstand der Ermittlungen. Ulrich Feyerabend, Direktor des Amtsgerichts Siegburg, mochte auch nicht von einer größeren Szene sprechen. „Aber es gibt schon Personen, die im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Siegburg den Reichsbürgern zugeordnet werden können. Dass sie vor Gericht in aggressiver Weise auftreten, kann ich nicht bestätigen. Sie tauchen immer wieder mal auf und machen Arbeit “, sagte Feyerabend. Bei der Siegburger Kreisverwaltung gibt es keine größeren Probleme mit Reichsbürgen, wie Sprecherin Rita Lorenz auf Anfrage des GA sagte: „Das ist verschwindend gering.“

Die Polizei NRW berichtet, dass die Zahl der Reichsbürger wachse und ordnet landesweit rund 2800 Personen (Stand 2019) dieser Szene zu.

(mit Material von dpa)
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