"Das Rheinland und der Erste Weltkrieg" Angst vor dem Großvater veranlasste Achim Konejung zu seinem Buch

BONN · Als Achim Konejung klein war, hatte er Angst vor seinem Großvater. Sein Glasauge stierte ins Leere, und wenn er getrunken hatte, spielte er lautstark Kampfsituationen nach.

 Deutsche Husaren an der Front: Sie posieren zum Gruppenbild. Die historischen Fotos von Achim Konejung stammen unter anderem aus dem Nachlass alliierter Soldaten. Repro: GA

Deutsche Husaren an der Front: Sie posieren zum Gruppenbild. Die historischen Fotos von Achim Konejung stammen unter anderem aus dem Nachlass alliierter Soldaten. Repro: GA

Jahrzehnte später begriff der Autor, Musiker und Kabarettist, dass sein Opa ein schwer traumatisiertes Opfer des Ersten Weltkriegs war und nahm sein Schicksal zum Anlass für umfassende Recherchen.

In seinem Buch "Das Rheinland und der Erste Weltkrieg" finden sich bisher unveröffentlichte Bilder und Dokumente. Ihnen hauchte er bei einem Vortag im Rheinischen Landesmuseum Leben ein, als er 90 Minuten lang ein filmisches Panorama jener Zeit live kommentierte.

Auch der Großvater war dabei zu sehen. "Schauen Sie sich das Jüngelchen mal an: Zu jung, um wählen zu dürfen, aber alt genug, um sterben zu dürfen."

Aufmarschgebiet, Heimatfront und Besatzungszone - das alles war das Rheinland. Ab 1902 wurden immer mehr Kasernen errichtet, etwa in Aachen, Düren und der Bonner Ermekeilstraße. 1906 begann das Kaiserreich mit dem Bau strategischer Eisenbahnlinien Richtung Frankreich.

Man wusste, dass sie im Kriegsfall für den Truppentransport unerlässlich waren. Konejung: "Manches Dorf wurde über Nacht an den internationalen Eisenbahnverkehr angeschlossen." Für Zuschauer Rudolf Zernack ein Aha-Erlebnis: "Mir war ganz neu, dass das Deutsche Reich schon lange vor dem Krieg so intensiv begonnen hat, sich vorzubereiten."

Eben so wenig bekannt ist, dass Köln im Ersten Weltkrieg aus der Luft angegriffen wurde. Am 8. Oktober 1914 bombardierten britische Marineflieger den Hauptbahnhof. Heimatfront wurde auch die kleine Eifel-Siedlung Kehr: Mitten im Grünen entstand die Munitionsfabrik "Espagit", in der über 2000 Frauen und Zwangsarbeiter Granaten produzierten. Erst 2005 wurde die Entgiftung des Geländes abgeschlossen.

"Da ist es heute immer noch unheimlich. Ich war nicht lange da, als ich meine Fotos gemacht habe", erinnerte sich der Autor. Seine historischen Fotos stammen unter anderem aus dem Nachlass alliierter Soldaten. Sie ermöglichen andere Einblicke als Pressefotografien, die oft zu Propaganda-Zwecken eingesetzt wurden.

An die Erzählungen seiner Mutter aus dem besetzten Bonn erinnerte sich Vortrags-Besucher Karl-Hermann Windisch. "Sie wohnte als kleines Mädchen in der Gronau und hatte furchtbare Angst vor den dunkelhäutigen algerischen Soldaten, die dort in der Nähe stationiert waren."

Am Ende gab es viel Applaus und auch Achim Konejung war zufrieden: "Für uns in Europa ist es wichtig, sich gemeinsam zu erinnern und Verständnis zu entwickeln. Viele Politiker wissen gar nicht mehr, was Krieg eigentlich bedeutet. Da kann so ein Rückblick nur nützen."

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