Ruhestörungen und Kriminalität Anwohner beklagen Lärm und Kriminalität am Rheinufer
Bonn · Ist am Bonner Rheinufer ein neuer Kriminalitätsschwerpunkt entstanden? Anwohner schlagen Alarm und beklagen Ruhestörungen und Kriminalität zwischen Beethovenhalle und Altem Zoll.
Ist direkt am Rand der Bonner Innenstadt – am Rheinufer zwischen Beethovenhalle und Altem Zoll – ein neuer Kriminalitätsschwerpunkt entstanden? Anwohner schlagen entsprechend Alarm. In den letzten sechs Jahren habe sich die Zahl von Menschen, die sich abends und nachts manchmal bis 5 Uhr früh dort aufhielten, stark erhöht, hat Anwohner Jürgen Tiedtke beobachtet.
„In großen Gruppen von bis zu 20 Leuten, so gut wie immer ausgestattet mit Bluetooth-Lautsprechern, jeder Menge Alkohol sowie Drogen, die auch fleißig gehandelt werden, wird gebrüllt, geschrien und extrem laut Musik gespielt“, berichtet Tiedtke dem General-Anzeiger. Grünflächen, Bäume und Büsche auch der Wohnbereiche würden für Toilettengänge genutzt. Auch wiederholte Beschwerden bei Polizei und Ordnungsamt hätten daran wenig geändert.
Auch Anwohner Michael Göllner beobachtet die Entwicklung. Am ersten Adventswochenende seien die Beete vor der Beethovenhalle in den Nachtstunden erneut verwüstet und vermüllt worden, berichtet er: „Leider ist dieser Vorplatz stets zum Wochenende Tummelplatz alkoholisierter und bekiffter Jugendlicher“. Weder Ordnungsamt noch Polizei würden der Situation Herr.
Wie oft die Polizei in diesem Jahr von Anwohnern zu Hilfe gerufen wurde, könne die Behörde auf Anfrage des GA statistisch nicht feststellen, berichtet Pressesprecher Frank Piontek. Auch das städtische Ordnungsamt führt darüber nicht auswertbar Buch. Der Stadtordnungsdienst habe „aber gerade bei gutem Wetter in den Sommermonaten wöchentlich Beschwerden über Lärmbelästigungen und nächtliche Ruhestörungen erhalten“, bestätigt Markus Schmitz aus dem städtischen Presseamt.
Ein kursorischer Blick in Pressemeldungen der letzten Monate bestätigt den subjektiven Eindruck. Am zweiten Adventswochenende hatten zwei Männer ohne Wohnsitz in Deutschland einen 23-Jährigen an der Auffahrt zur Kennedybrücke attackiert und mit Tritten zu Fall gebracht, um ihn auszurauben. Der Haftrichter schickte beide später in Untersuchungshaft. Im September wurde ein 19-Jähriger am Brassertufer von vier Personen angegriffen und verletzt. Im Juli überfiel ein 17-jähriger Intensivtäter mit zwei Komplizen zwei junge Frauen. Im Juni verlangten drei Männer von zwei anderen Besuchern Alkohol. Als diese ablehnten, schlugen die Täter ihre Opfer sofort krankenhausreif. Im Februar war es am Fritz-Schröder-Ufer nach Alkohol- und Drogenkonsum zu einer Schlägerei unter vier befreundeten jungen Männern gekommen.
„Haupteinsatzanlässe für die Polizei sind Streitereien und Körperverletzungen unter den Feiernden, aber auch Ruhestörungen durch Personengruppen, die sich überwiegend am Rheinufer treffen“, erklärt Piontek. Dabei verhielten sich die zumeist jungen Männer selbst gegenüber den Einsatzbeamten bisweilen aggressiv und respektlos. Mehrere Personen hätten Platzverweise erhalten oder seien nach deren Ignorieren in Gewahrsam genommen worden.
„Es kam aber auch zu mehreren Festnahmen nach Raubüberfällen am Rheinufer“, sagt Piontek, „in drei Fällen konnten Tatverdächtige vor Ort gestellt oder kurze Zeit später ermittelt werden. Gegen drei Verdächtige wurden Haftbefehle erlassen.“ Anzeichen für eine etablierte Drogenszene gebe es hingegen nicht. Allerdings liegt der bei Drogendealern und -konsumenten beliebte Hofgarten in unmittelbarer Nachbarschaft. Schon im Sommer haben die Bewohner des 2012 errichteten Neubau-Komplexes Rheinlogen am Brassertufer das Gespräch mit Polizei und Ordnungsamt gesucht. Im Juli habe es einen gemeinsamen Ortstermin gegeben, bestätigt Piontek. Seither setze die Polizei verstärkt auf Personenkontrollen und Fußstreifen in Zivil und werde diese auch im Frühjahr wieder aufnehmen.
„Die Situation hat sich seither allerdings kaum verbessert“, sagt Ralf Koschwitz, Sprecher der Eigentümergemeinschaft mit rund 70 Parteien. Ständiger Lärm vor allem in den späteren Abend- und Nachtstunden, Vandalismus und offener Drogenkonsum, Geschlechtsverkehr oder Toilettengänge im Innenhof der Anlage oder auf dem dazugehörigen Spielplatz seien an der Tagesordnung.
Die Beschwerdeführer sehen nun vor allem die Stadt in der Pflicht. Bei der begonnenen Sanierung des Uferbereichs zwischen Kennedybrücke und KD-Anleger sollten Belange der Gefahrenabwehr berücksichtigt werden. Tiedtke beispielsweise wünscht sich neben einer besseren Beleuchtung und größeren Mülleimern auch eine Kameraüberwachung und ein Alkoholverbot am Rheinufer.
Dazu wollen die Anwohner demnächst einen Bürgerantrag einbringen. Nach dem tödlichen Angriff auf Niklas Pöhler im Bad Godesberger Stadtpark hatte eine intensivere Ausleuchtung den dortigen Kriminalitätsschwerpunkt tatsächlich deutlich entschärft.
Vertreter der Stadtverwaltung und der Polizei planten demnächst einen weiteren gemeinsamen Ortstermin, kündigt das Presseamt der Stadt Bonn an. Dabei sollten kurzfristige bauliche Maßnahmen zur Entspannung der Situation erkundet werden.