Bürgerinfo zu Cityring und Kaiserstraße Anwohner kritisieren neue Verkehrsführung in Bonn
Bonn · Bei der Bürgerinformation zu Cityring und Kaiserstraße bricht der Ratssaal fast aus allen Nähten. Die Anwohner kritisieren die nun beginnende Testphase.
Alles Murren und alle Kritik werden den Feldversuch einer neuen Verkehrsführung in der Kaiserstraße und auf dem Cityring in Bonn wohl nicht mehr verhindern. An diesem Sonntag startet der Testlauf offiziell. Die Stadtverwaltung hat am Mittwochabend bei einer Bürgerinfo im Stadthaus erläutert, wie sie die von der Jamaika-Koalition verabschiedeten Beschlüsse umzusetzen gedenkt.
Im Großen und Ganzen standen die Eckpfeiler für die bei Anliegern, Handelsverbänden und Uni umstrittenen Pläne bereits fest. Die Verwaltung nannte aber neue Details für den Testversuch, der bis 31. März dauern soll. Die Riesstraße wird zur Einbahnstraße. Autofahrer, die künftig die Kaiserstraße nur noch in Richtung Innenstadt befahren können, aber ab Nassestraße rechts abbiegen müssen, können den Hauptbahnhof also nur über die Lennéstraße erreichen.
Die Nassestraße, auf der viele Radler und Fußgänger unterwegs sind, weil dort die Mensa liegt, kann laut dem städtischen Verkehrsplaner Helmut Haux auch Radstraße bleiben. Das heißt: Höchsttempo 30, Autofahrer sind nur Gast. „Sollte der Autoverkehr dort aber zunehmen, müssten wir die Fahrradstraße ab einem gewissen Punkt formal aufheben.“
Das schreibe die Straßenverkehrsordnung so vor, sagte Haux. Man werde den Verkehrstest „eng begleiten“, die Verkehrsflüsse per Videoaufnahme zur Analyse überwachen und bei Problemen „nachsteuern“. Carsten Sperling vom Ordnungsamt erklärte, seine Mitarbeiter würden verstärkt kontrollieren, um das Halteverbot auf der Kaiserstraße durchzusetzen.
Über den gesamten Testzeitraum des erweiterten Cityrings wird die Franziskanerstraße als Einbahnstraße umgedreht. Autos können also nur noch von der Stockenstraße rechts in die Franziskanerstraße einbiegen und gelangen so wieder zur B 9. Bisher war unklar, ob diese Umkehr erst in der zweiten Testphase ab Januar erfolgt, wenn die Stockenstraße ab der Tiefgarageneinfahrt für die weitere Durchfahrt gesperrt wird.
Anwohner der Südstadt sind unzufrieden
Am Mittwochabend wurde deutlich, dass der Start der neuen Verkehrsführung unter keinem guten Stern steht. Anwohner der Südstadt brachten ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck. Die von einem Moderator geleitete Diskussion lief zwar nach einführenden Worten von Oberbürgermeister Ashok Sridharan sachorientiert, aber emotional und mit viel Kritik ab.
Der Wegfall von 60 Stellplätzen auf der Kaiserstraße bewegt Anwohner, weil sie großen Parkdruck spüren. Die Kompensation soll durch die Bewirtschaftung bisher freier Parkplätze im Wohngebiet erfolgen. Wer einen Anwohnerausweis hat, soll aber kostenfrei parken. Während die Stadt in diesem Bereich mehrere Hundert zur Verfügung stehende Parkplätze sieht, zweifelten Teilnehmer diese Zahl an.
„Sie zerschlagen ein lebenswertes Viertel in der Südstadt“, sagte ein Anwohner, der seine Sorge zum Ausdruck brachte, weil „man zu Fuß kaum mehr die Kaiserstraße überqueren kann.“ Hintergrund: Die Stadt hat die Nahverkehrsbussen und Radlern vorbehaltene Umweltspur ab dem Kaiserplatz Richtung Süden bereits durch Schilder und Markierungen ausgewiesen. Vor dem offiziellen Beginn nutzen Radler diese Spur also schon und in der Gegenrichtung in die City den Radweg an der Bahnlinie entlang. Übrigens können Radler stadteinwärts weiterhin auf der Fahrbahn für Autos fahren.
„Wie gewährleisten Sie die Sicherheit an den Bushaltstellen?“, fragte eine Anwohnerin. Haux erklärte, dass kein offizieller Radweg neben der Trasse verlaufe, „sondern ein Gehweg, Fahrrad frei“. Radler hätten also Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen. Haux sagte auch, dass die bereits gezogene breite Mittellinie im Gegensatz zu schmalen von Autos und Bussen überfahren werden dürfe. Sie dürften also stehende Lieferfahrzeuge passieren.
Stadtbaurat Helmut Wiesner erläuterte das Ziel, die Luftqualität zu verbessern. Dafür seien Alternativen zu stärken. Die Kaiserstraße biete künftig „doppelten Raum für Radfahrer“. Ziel sei es, die Erreichbarkeit der Parkhäuser zu gewährleisten und den Einzelhandel, dessen Verbände die neue Verkehrsführung kritisieren, ernst zu nehmen. Stefan Rausch von der Bürgerinitiative für eine lebenswerte Südstadt erntete viel Applaus für seine Forderung, die politischen Beschlüsse zurückzunehmen. Er sieht auch keinen Gewinn für die Umwelt und zählte die Vielzahl von Straßen auf, die Anwohner der Kaiserstraße auf einem kurzen Teilstück gen Kaiserplatz künftig befahren müssen, um ihre Häuser zu erreichen. Dass Wiesner nach Rauschs Ausführungen von einem Werbeblock sprach, kam bei den Bürgern gar nicht gut an.