Bürgerinitiative in Bonn Anwohner protestieren gegen Lärm an Poppelsdorfer Allee

Interview | Bonn · Anwohner der Poppelsdorfer Allee in Bonn gehen wegen nächtlicher Gelage vor ihrer Haustür auf die Barrikaden. Gerade junge Leute machten die Straße zur „Disko“. Eine Bürgerinitiative will nun dagegen vorgehen.

 Friedlich wirkt die Szenerie rund um Poppelsdorfer Schloß und Allee. Nachts stört Partylärm die Anwohner.

Friedlich wirkt die Szenerie rund um Poppelsdorfer Schloß und Allee. Nachts stört Partylärm die Anwohner.

Foto: Benjamin Westhoff

Eine zentrale Wohnung mit etwas Grün vor der Haustür – wovon viele Menschen träumen, das hat Martin Wiechers vor drei Jahren gefunden. Und das in sogenannter Toplage. Derzeit aber wird ihm und vielen Nachbarn das Wohnen an der Poppelsdorfer Allee durch nächtlichen Partylärm derart verleidet, dass die Anlieger eine Bürgerinitiative gegründet haben. Sie umfasst eigenen Angaben zufolge bislang 200 Unterstützer und 80 Prozent der Haushalte der Allee. Rüdiger Franz hat nachgefragt.

Was hat Sie zur Gründung der Initiative bewogen?

Martin Wiechers: In den vergangenen Jahren haben am Wochenende, aber auch unter der Woche extreme abendliche und nächtliche Ruhestörungen, Alkohol- und Drogenexzesse sowie Vandalismus auf der Allee in einem bisher unbekannten Maß zugenommen. Morgens gleicht die Allee immer häufiger einem Schlachtfeld aus Müll und Scherben. Mittlerweile dringen die Leute regelmäßig zum Urinieren auf die Grundstücke ein.

Welche Ecken sind besonders betroffen?

Wiechers: Grundsätzlich der gesamte Teil zwischen Bonner Talweg und Schloss, wobei häufig bereits eine Bank mit tragbarem Lautsprecher ausreicht, um die Hälfte der Allee zu beschallen.

 Beschwert sich über nächtliche Zusammenkünfte auf der Poppelsdorfer Allee: Anwohner Martin Wiechers.

Beschwert sich über nächtliche Zusammenkünfte auf der Poppelsdorfer Allee: Anwohner Martin Wiechers.

Foto: Benjamin Westhoff

Wann war der Zeitpunkt, an dem es für Sie unerträglich wurde?

Wiechers: Als vergangenen Dezember das Schlafzimmer meiner Tochter in der dritten Nacht in Folge zur Diskothek wurde und ich morgens wieder die Müllberge und Scherben auf der Allee gesehen hatte.

Wenn ich Sie richtig verstehe, leiden Sie und Nachbarn akut unter Schlafstörungen?

Wiechers: Wir selbst schlafen zum Glück nach hinten, aber ich musste meine Tochter nachts dauerhaft umquartieren. Betroffen ist nicht nur die Nachtruhe. Wenn Sie bereits abends trotz schallisolierter Fenster regelmäßig Musik und das Gekreische anderer im Zimmer haben und sich das bis in die frühen Morgenstunden zieht, wird Ihre gesamte Lebensqualität beeinträchtigt.

Sind es bestimmte Gruppen, die Ihnen den Schlaf rauben?

Wiechers: Es sind keine Gruppen, die sich vom rechten Rand populistisch ausschlachten ließen. Sondern überwiegend Jugendliche aus anderen Stadtteilen, die exakt wissen, was sie tun und genau deshalb woanders hinfahren. Aber auch die Fachschaften und junge Studenten haben kein Problem mehr damit, bis in die frühen Morgenstunden eskalierende Trinkspiele im reinen Wohngebiet zu spielen.

Ähnliche Schilderungen hört man zuletzt von den Anliegern der Rheinpromenade. Stehen Sie mit denen in Kontakt?

Wiechers: Ich bin gerade dabei, Kontakt herzustellen.

Sie haben sich auch an die Politik gewandt...

Wiechers: Auf unser erstes Anschreiben haben wir die Zusicherung des Oberbürgermeisters erhalten, dass bei Verstößen rigoros Verwarngelder und Platzverweise ausgesprochen werden. Aktuell erhalten wir bereits tatkräftige Unterstützung vom Bürger Bund Bonn. Auch die Vertreter der anderen Fraktionen haben versprochen, sich der Thematik anzunehmen.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Polizei und Ordnungsamt?

Wiechers: Die Einsatzkräfte reagieren auf unsere ständigen Anrufe schnell und freundlich, hierfür möchten wir uns ausdrücklich bedanken. Es stellt sich aber auch die Frage, weshalb auch bei schwerwiegenden Verstößen lieber mehrmals innerhalb einer Stunde zum mündlichen Ermahnen angefahren wird, als entsprechend der Zusage des Oberbürgermeisters direkt konsequent zu handeln.

Zum Beispiel das generelle Verbot von Bluetooth-Lautsprechern in Parkanlagen…

Wiechers: Richtig. Auch wenn das kaum jemand weiß: Das gilt in NRW zu jeder Tageszeit und bereits wenn jemand gestört sein könnte. Ich wohne, seit ich denken kann, in der Stadt, bin an Lärm gewöhnt: Verkehr, Baustellen, spielende Kinder, Kirmes, Klangwelle – alles kein Problem. Aber mir kann niemand erzählen, dass er sich über die Musik von der Parkbank freut.

Für diesen Freitag und Samstag rufen Sie zu einem Nachtspaziergang auf. Was haben Sie vor?

Wiechers: Wir haben die Spitzenkandidaten der Kommunalwahlen eingeladen, um in einen Dialog zu treten. Erfahrungsgemäß dürfte für musikalische Untermalung bereits von anderer Stelle gesorgt sein.

Promenade, Hofgarten, Rheinaue, Godesberger Kurpark – und nun Sie am Poppelsdorfer Schloss: Hat das Thema das Zeug zu einem politischen Flächenbrand?

Wiechers: Wenn nicht unmittelbar über die Anwohner, dann über die Immobilienwirtschaft. Betroffen sind viele Prestige-Projekte in vermeintlicher Bestlage, auch hier auf der Poppelsdorfer Allee. Verkaufen oder vermieten Sie mal eine Wohnung, in der man nicht schlafen kann oder der Mieter umgehend zur Mietminderung berechtigt ist.

Mit Nachtspaziergängen will die Bürgerinitiative an diesem Freitag und am Samstag auf ihre Belange hinweisen. Treffpunkt ist jeweils um 22.30 Uhr vor der Hausnummer 90.

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