Schatten und Voyeurismus-Risiko? Anwohner wehren sich gegen Baupläne am Melbbad

Bonn · Bürger wehren sich gegen einen von der Stadt Bonn geplanten Neubau mit 99 Wohnungen an der Trierer Straße – direkt neben dem Melbbad. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert.

 Die Vebowag plant an der Trierer Straße 99 Wohnungen, die höchsten Gebäude hätten sechs Etagen zur Straße, zwei mehr zum Bad.

Die Vebowag plant an der Trierer Straße 99 Wohnungen, die höchsten Gebäude hätten sechs Etagen zur Straße, zwei mehr zum Bad.

Foto: GA

Die Pläne der Stadt, einen Teil des Areals des Melbbads entlang der Trierer Straße von ihrer Wohnungsbaugesellschaft Vebowag bebauen zu lassen, hat einige Bürger auf den Plan gerufen. Sie haben eine Initiative gegründet, um das Melbbad zu retten, wie sie sagen. Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen den Umfang der geplanten Gebäude mit 99 Wohnungen. Ein guter Teil davon würde als Förderwohnungen für Geringverdiener errichtet, beispielsweise für Angestellte des Uniklinikums.

Neun Mitglieder der Initiative trafen sich jetzt mit Vertretern der FDP an Ort und Stelle. Fraktionschef Werner Hümmrich räumte ein, ihm sei das Ausmaß der Planung bisher nicht bekannt gewesen. „Klar ist, dass wir in Bonn Wohnungen brauchen, aber das ist wohl deutlich zu massiv. Das werden wir so nicht unterstützen.“

Wie berichtet, hat die Vebowag eine Bauvoranfrage gestellt. Dazu will das kommunale Immobilienunternehmen im unteren Geschoss des Gebäuderiegels neue Umkleidekabinen und Duschen für die Badbesucher errichten – alle barrierefrei. Die bestehenden Kabinen stammen aus der Anfangszeit des Schwimmbads in den 1950er Jahren. Die Sanitäranlagen und Umkleiden sind so marode, dass eine Sanierung für die Stadt nicht mehr in Frage kommt.

Wie Stadtsprecherin Monika Hörig mitteilte, sei über die Bauvoranfrage der Vebowag noch nicht beschieden. Für einen Baubeginn müsste ein Bauantrag eingereicht und genehmigt werden. Grundsätzlich sei nach jetzigem Stand keine Bürgerbeteiligung geplant. Da für die Fläche kein Bebauungsplan existiert und das Areal in einem Wohngebiet liegt, gelten in der Gebäudehöhe die Nachbarhäuser als Orientierungsmaß. Die Politik werde in jedem Fall vor einem Verkauf des Grundstücks eingebunden. Der Bau werde nach bisherigem Planungsstand frühestens Anfang 2020 beginnen, so Michael Kleine-Hartlage, Geschäftsführer der Vebowag: Eine Detailplanung liege noch nicht vor und sei noch mit den Fachämtern abzustimmen. Er betont, dass der Gebäuderiegel durch Einschnitte und Zäsuren in der Fassade und Dachterrassen gegliedert sei.

Orthopädiepraxis wollte Gesundheitszentrum bauen

Hümmrich erinnerte an frühere Planungen, das Areal einer Orthopädiepraxis zu überlassen, die dort ein Gesundheitszentrum samt neuer Umkleiden und Duschen hatte errichten wollen. „Daraus ist leider nie etwas geworden.“ Als ein Initiativmitglied darauf hinwies, es müsste ein Investor gefunden werden, der eine badaffine Nutzung im Blick habe, sagte Hümmrich: „Wenn Sie einen wissen, immer gerne. Bis jetzt haben wir dabei wenig Erfolg gehabt.“ Elmar Conrads-Hassel machte deutlich, dass Wohnungen dringend benötigt würden, der FDP-Politiker sprach sich dafür aus, einen Bebauungsplan aufzustellen, bei dem eine Bürgerbeteiligung vorgeschrieben wäre.

Helga Effelsberg von der Initiative sorgt sich, dass mit der Bebauung ein Riegel von rund 120 Metern Länge entstehe und die Gebäude zur Badseite zum Teil bis zu acht Geschosse hoch würden. „Das führt zu einer Vollverschattung der Schwimmbecken.“ Die Poppelsdorferin Sofia Potak kritisiert, „dass durch den Gebäuderiegel die Kaltluft vom Kreuzberg nicht mehr fließen kann“. Andere Mitstreiter befürchten Klagen künftiger Bewohner wegen der Lautstärke im Freibad. Wie Maren Storck, Vorsitzende des Fördervereins „Unser Melbbad“, sagte, wäge der Vorstand das Für und Wider ab. Man sei der Grundidee einer Bebauung nicht abgeneigt, wenn sie das Überleben des Melbbads sichere. „Wir müssen uns die Details anschauen.“

Bürger Bund befürchtet schlechten Einfluss aufs Klima

Auch Marcel Schmitt (Bürger Bund) befürchtet einen schlechten Einfluss auf das Mikroklima und Klagen künftiger Bewohner gegen den Badlärm. Dörthe Ewald (SPD) sprach sich für eine Bebauung aus, die aber nicht zu massiv sein dürfe. „Mit der Bebauung ist gewährleistet, dass die Sanitäranlagen und Umkleiden erneuert werden.“ Die Sorge vor Lärmklagen habe sie nicht, „das Bad ist, wenn es hoch kommt, an drei Monaten im Jahr geöffnet.“ Für eine „Win-Win-Kombilösung“ hält Rolf Beu (Grüne) die Planung. Gemessen an der Umgebung, sei sie „wohl kaum als überdimensioniert zu bewerten“. Da es sich um ein Gebäude am Straßenrand handle, bleibe die klimatologische Wirkung des Melbtals erhalten. Beu glaubt, Klagen der Mieter könnten durch Mietverträge ausgeschlossen werden. Auch die CDU sieht das Vorhaben positiv, wie Fraktionsgeschäftsführer Horst Gehrmann sagte.

Kleine-Hartlage erklärte, eine Verschattung der Becken durch das neu Gebäude sei erst in den Abendstunden zu erwarten. Bisher seien 271 Garderobenplätze und 67 Umkleiden im untersten Stockwerk vorgesehen. Das Risiko von Voyeurismus bestehe schon jetzt, beispielsweise durch die nahen Hochhäuser. Dieses Problem könne man baulich nicht lösen, wohl aber dem erwartbaren Lärm begegnen.

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