Stadt Bonn will Stadtarchiv integrieren Archiv ohne eigenen Kopf

Bonn · Der langjährige Leiter des Bonner Stadtarchives geht in den Ruhestand. Die Nachfolge soll intern besetzt und enger dem Kulturamt unterstellt werden. Zugleich will die Stadt das Stadtarchiv als eigenständige Institution aufgeben und in ein neues Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen integrieren.

 Norbert Schloßmacher, bis Ende Februar Leiter des Bonner Stadtarchivs, zeigt hier eine wieder aufgetauchte Bauakte von 1876.

Norbert Schloßmacher, bis Ende Februar Leiter des Bonner Stadtarchivs, zeigt hier eine wieder aufgetauchte Bauakte von 1876.

Foto: Martin Wein

Die Bonner Kulturdezernentin Birgit Schneider-Bönninger möchte das etablierte Stadtarchiv ohne eine öffentliche Diskussion als eigenständige Institution aufgeben. „Das Ausscheiden des Stadtarchivars nutzt die Verwaltung zur Umsetzung einer langfristig geplanten organisatorischen Veränderung“, schreibt die Kulturverwaltung erst auf ausdrückliche Anfrage des GA. Ab Anfang März würden „unter dem Dach des Kulturamtes alle städtischen Institute, die sich mit Themen der Erinnerungskultur befassen (Stadtarchiv, Stadtmuseum Gedenkstätte und Projekt Aktive Erinnerungskultur) zu einem Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen zusammengefasst“. Damit wolle man die Kommunikation der einzelnen Abteilungen fördern und Synergien erzielen.

Der langjährige Archivleiter Norbert Schloßmacher geht Ende Februar in den Ruhestand. Eine Nachfolge hat die Verwaltung bislang nicht gesucht. An diesem Freitag werde die Stelle lediglich verwaltungsintern ausgeschrieben, erklärte das Presseamt.

Neuordnung zentraler Bereiche obliegt der Oberbürgermeisterin

Die Neuordnung zentraler Bereiche der Bonner Kultur liege in der Organisationshoheit von Oberbürgermeisterin Katja Dörner, sagt die Ratsfrau Ros Sachse-Schadt (Bündnis 90/Die Grünen). Die Pläne seien deshalb bislang nicht im Kulturausschuss oder Rat vorgestellt oder diskutiert worden, berichtet die Ausschussvorsitzende. Auch ihr Stellvertreter Christoph Jansen von der oppositionellen CDU kann der Idee einer Neuordnung etwas abgewinnen. Allerdings dürfe das neue Institut keine leere Hülle werden. „Wir werden die Konzeption in jedem Fall kritisch begleiten“, sagt Jansen.

Erstaunt äußert sich hingegen Schneider-Bönningers Vor-Vorgänger Ludwig Krapf, der das Dezernat von 2002 bis 2010 geleitet hatte. „Ich wundere mich sehr. Das Stadtarchiv Bonn ist eine feste Burg in der Landschaft der städtischen Archive und Gedenkstätten, nicht nur in NRW“, sagt er. Geleitet hätten es in der Vergangenheit herausragende Persönlichkeiten wie Edith Ennen, Dietrich Höroldt, Manfred van Rey und nun Norbert Schloßmacher. „Die Arbeit, die dort geleistet wurde, ist exemplarisch. Ich erinnere nur an den großartigen Beethovenband, der im letzten Jahr erschienen ist.“ Eine solche Struktur schaffe man nicht „einfach so“ und ohne gründliche politische Diskussion ab. „Man schreibt die Leitung einer solchen Einrichtung auch nicht bloß intern aus. Die politisch Verantwortlichen müssen sich viele sehr harte Fragen gefallen lassen“, findet Krapf.

Vor gut einem Jahr war Schneider-Bönninger bei der Neubesetzung der Museumsleitung im Stadtmuseum ähnlich vorgegangen. Diese wollte sie zunächst lediglich in einem Leitungskollektiv organisieren. Erst nach einer öffentlichen Diskussion infolge eines GA-Interviews wurde die Position doch ausgeschrieben. Von der beabsichtigten Neukonzeption des Museums ist seither wenig zu hören. Anders als beim Museum ist die Kommune durch Landesgesetz zum Archivieren ihrer Aktenbestände durch ausgebildetes Personal verpflichtet.

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