Podiumsdiskussion der Universität Asylbewerber sollen Gesundheitskarte bekommen

BONN · Auch Studenten können bisweilen am lokalpolitischen Rad drehen. Da sprachen sich bei einer Podiumsdiskussion der Kritischen MedizinstudentInnen in der Universität am Dienstagabend alle Experten für die zügige Einführung der in Bremen und Hamburg erfolgreich erprobten Gesundheitskarte für Asylbewerber aus.

Und kurz vor Beginn der Veranstaltung hatte die Bonner Jamaika-Koalition noch schnell eine Pressemeldung auf den Weg gebracht. 2014 habe der Stadtrat die Verwaltung aufgefordert, Verhandlungen mit Krankenkassen aufzunehmen, um Flüchtlingen in Bonn die Karte zur Verfügung zu stellen.

"Wir erwarten, dass jetzt zügig Gespräche mit Krankenkassen geführt werden, damit Bonn rechtzeitig für eine schnelle Umsetzung vorbereitet ist", erklärten Georg Goetz (CDU), Manfred Becker (Grüne) und Zehiye Dörtlemez (FDP). Die AOK Bremen/Bremerhaven habe schon Interesse an einer Kooperation gezeigt.

Bei der von Ebba Hagenberg-Miliu moderierten Diskussion appellierte Hidir Celik, Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit, denn auch an die Politik, per Gesundheitskarte eine effektivere Krankenbehandlung für Flüchtlinge zu gewährleisten. "Auch in Bonn müssen die 1452 Asylbewerber endlich direkt zum Arzt gehen dürfen, ohne sich das vom Sozialamt vorher noch genehmigen lassen zu müssen", sagte Celik.

Fälle, in denen Asylbewerber schweren gesundheitlichen Schaden genommen hätten, weil sie nach dem aktuellen Verfahren zu lange auf eine ärztliche Behandlung hätten warten müssen, hat es laut Celik auch in Bonn gegeben. Die Städte Aachen und Münster hätten auch schon die Einführung der Karte beschlossen.

Dass die bisherige Praxis menschenunwürdig, aber durch eventuelle Nachfolgekosten auch weitaus teurer für den Steuerzahler werde, davon sprach auch der Arzt Michael Brinkmann. Er arbeitet freiwillig im Ärzteteam der NRW-Notunterkunft für Flüchtlinge in Muffendorf mit. "Das Bremer Modell würde hier auf jeden Fall eine Erleichterung bringen."

Aber auch ohne die Gesundheitskarte könnten Ärzte schon jetzt den entsprechenden Paragrafen des Asylbewerberleistungsgesetzes im Sinne der Patienten auslegen. "Unser ärztliches Ethos schreibt uns doch vor, dass wir jeden Menschen gleich welcher Herkunft gleich behandeln sollten", so Brinkmann.

Auch Gabriele Waibel setzt für die Hilfsorganisation MediNetzBonn große Hoffnungen auf eine Einführung der Gesundheitskarte. Die Hilfsorganisation arbeitet ehrenamtlich für Menschen ohne Papiere. "Die gesundheitliche Versorgung dieser allein im Bonner Raum rund 4000 Menschen ist aufgrund der ausgrenzenden Gesetzgebung nur lückenhaft gewährleistet", kritisierte Waibel.

Mit der Gesundheitskarte könnte der Weg auch für anonyme Krankenscheine frei werden. "Menschen ohne Papiere dürfen nicht weiter von jeder regulären medizinischen Versorgung ausgeschlossen bleiben und völlig rechtlos leben müssen." Zum Teil wohnten diese Menschen schon in zweiter Generation in Bonn.

Stephanie van den Broek von der Bonner Gefährdetenhilfe forderte die zukünftigen Ärzte im Publikum auf, human mit Suchtabhängigen, Obdachlosen und Armen in den Praxen und Krankenhäusern umzugehen. "Jeder Mensch hat seine Würde, auch wenn Ihr Sprechzimmer mit diesen Patienten nicht immer gut riecht."

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