Flüchtlinge Atempause für Bonn

BONN · Aufnahmequote in der Bundesstadt erfüllt. Sechs Wochen keine weiteren Asylbewerber? Sportvereine in Aufruhr.

Während einige Bonner Sportvereine angesichts drohender Sporthallen-Schließungen um ihre Existenz fürchten, erhält die Stadt Bonn möglicherweise einen Zuweisungsaufschub und muss vielleicht doch nicht bereits ab Aschermittwoch weitere Turnhallen mit Flüchtlingen belegen. Martin Schumacher, kommissarischer Sozialdezernent der Stadt Bonn, teilte gestern am späten Nachmittag mit, nach telefonischer Auskunft der Kölner Bezirksregierung habe Bonn seine Quote bei der Aufnahme von Flüchtlingen zurzeit weitgehend erfüllt.

Wie berichtet, leben rund 3700 Flüchtlinge in städtischen Unterkünften, dazu kommen nochmals mehr als 1000 Menschen in den zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes in Muffendorf und in der Ermekeilkaserne in der Südstadt. Aus diesem Grund sollen, so Schumacher, der Stadt Bonn etwa vier bis sechs Wochen lang keine weiteren Flüchtlinge zugewiesen werden.

Die Stadt will heute versuchen, dazu eine verbindliche Aussage des Landes zu erhalten. „Sollten sich die Angaben der Kölner Bezirksregierung bestätigen, werden wir die weitere Belegung von Turnhallen nach Karneval zunächst aussetzen“, so Schumacher. In der Zeit, in der die Stadt keine Flüchtlinge zugewiesen bekäme, könne die Verwaltung versuchen, doch noch andere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen.

Der Stadtsportbund Bonn (SSB) hat gestern die Entscheidung von Oberbürgermeister Ashok Sridharan, weitere 15 Sporthallen mit Flüchtlingen zu belegen, erneut scharf kritisiert und für Aschermittwoch eine außerordentliche Mitgliederversammlung anberaumt. SSB-Sprecher Michael Scharf befürchtet, dass die Umwandlung der Sporthallen in Notunterkünfte „nachhaltig das soziale Gefüge in Bonn schädigen wird“. Derweil kündigte die Stadt an, im Falle weiterer Hallenschließungen den Sportvereinen ersatzweise Räume unter anderem in der Beethovenhalle oder im Kunstmuseum für Trainingszwecke zur Verfügung stellen zu wollen.

Während viele Schulleiter noch verständnisvoll reagieren, zeigen betroffene Vereine kein Verständnis für die Entscheidung der Stadt. Rainer Wolff, Vorsitzender des Beueler Judo-Clubs, sieht nach der Ankündigung, dass auch die Dreifachhalle der Integrierten Gesamtschule Bonn-Beuel mit Flüchtlingen belegt werden soll, kaum noch Hoffnung für seinen Club, der bereits von der Schließung dreier anderer Hallen betroffen ist.

Andrea Frings, Schulleiterin der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg, hofft, dass sie bis zur Abiturprüfung noch verschont bleibt und der Stadt vielleicht noch Alternativen einfallen. Aber: „Wir unterrichten 45 Flüchtlingskinder und lernen deren Schicksal kennen. Da erweitert sich die Perspektive. Die Kinder sind überglücklich, dass sie bei uns sind und lernen dürfen – und wir empfinden das als Bereicherung“, so Frings.

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