Besinnlicher Ausklang nach der Bescherung Auerberger Kantorei gibt Tipps für ein entspanntes Fest

Bonn · Mitglieder der Auerberger Kantorei probieren ein anderes Mittel, um den Heiligabend gelassen und seelenvergnügt ausklingen zu lassen und dabei dem Kern des Festes ein bisschen näher zu kommen.

 Kantor Neuhoff probt mit seinen Sängerinnen und Sängerin im Gemeindezentrum Auerberg für die Christmette.

Kantor Neuhoff probt mit seinen Sängerinnen und Sängerin im Gemeindezentrum Auerberg für die Christmette.

Foto: Benjamin Westhoff

Für einen entspannten Heiligabend braucht es nicht viel, erklärte jüngst Glücksforscherin Maike van den Boom. Sie empfahl Aufmerksamkeit für die Mitmenschen statt dicker Geschenke, die Gans schon gebraten ordern, in der Sauna schwitzen, Handyverbot unterm Tannenbaum, Schneeballschlacht, um Konflikte zu entschärfen: Therapieangebote für Stressgeplagte also. Es geht aber auch weniger lifestylig. Die Auerberger singt in der Christmette ab 23 Uhr, also beinahe „wohl um der halben Nacht“, wie es im Adventslied „Es ist ein Ros' entsprungen“ aus dem 16. Jahrhundert heißt.

„Die Bescherung ist dann vorbei und ich bin entspannt“, sagt Altistin Irmgard Friedrichs vor Beginn einer Probe der Kantorei im Gemeindezentrum Auerberg. Sie freue sich jedes Jahr auf die ganz besondere Atmosphäre in der Lukaskirche, die dann nur von Kerzenschein erleuchtet wird. Dass ihr Mann und ihre Tochter auf den Kirchenbänken Platz nehmen, macht das Ganze auch noch zu einem echten Familienereignis.

Auch Hannah Kirrinnis mag das stimmungsvolle Ambiente. „Ich find’s sehr schön, es ist nachts und der ganze Trubel ist vorbei.“ Die junge Sopranistin bereichert das Programm mit einer Arie aus Händels „Messias“ – und steht zugleich für etwas, das nur Insider wahrnehmen, nämlich die starke und manchmal lebenslange Prägung, die viele in der Kantorei erfahren. Hannah sei nun mal „ein echtes Gemeindekind“, schmunzelt Thomas Neuhoff, Kantor in der Gemeinde seit nunmehr 34 Jahren. „Sie hat die ganze Laufbahn durchlaufen, angefangen beim Kinderchor, dann im Jugendchor, dann in der Kantorei.“ Mittlerweile studiert Hannah Musik und Mathematik in Köln.

Neuhoff sorgt in vier Gottesdiensten für Musik

Auch Constanze Hambrich ist mit der Kantorei „aufgewachsen“ und lässt sich gerne für die späte Stunde einspannen – ebenfalls mit einer „Messias“-Arie. Für sie alles kein Problem, solange ein Ritual nicht geopfert werden muss: „Ich schaue vor der Bescherung immer einen Sissi-Film.“ Constanze, die Deutsch und katholische Theologie studiert, ist übrigens ein Chorkind der besonderen Art. „Meine Eltern haben sich im Philharmonischen Chor kennengelernt“, erzählt sie. Dort stand bis 2016 ebenfalls Thomas Neuhoff am Dirigentenpult. Und nicht wenige Choristen führen ein sängerisches Doppelleben: in der Auerberger Kantorei und in jenem Chor.

Die Christmette ist für die Choristen kein Pflichttermin. Manche ziehen es vor, im Kreise der Familie zu bleiben. Trotzdem hat Neuhoff eine ausreichend starke Besetzung zusammenbekommen, um Dietrich Buxtehudes kleine Kantate „Lobet, Christen, euren Heiland“ aufzuführen. „Das bekommen wir in wenigen Proben hin“, sagt er fast ein bisschen entschuldigend.

In früheren Jahren habe man oft auch größer Dimensioniertes geboten. Doch in diesem Jahr binde der anstehende Bach-Kantatenzyklus alle Kräfte. „Bitte spritzig singen, die Leute wollen um elf Uhr motiviert werden“, spornt er später in der Probe seine Sänger zu mehr Leichtigkeit an. Für ihn selbst ist der Heilige Abend, nüchtern betrachtet, ein gut ausgefüllter Arbeitstag.

In vier Gottesdiensten, beginnend ab 15 Uhr, sorgt er für die musikalische Gestaltung. Neuhoff kennt es nicht anders: „Seit meinem vierzehnten Lebensjahr verläuft so der Heilige Abend.“ Großen Wert legt er auf die Auswahl der Orgelmusik und die Gestaltung der Improvisationen: „Das ist auch eine spirituelle Herausforderung.“ Geschmückte Tannenbäume sieht Neuhoff an diesem Abend reichlich. Zu Hause kommt er ohne aus. Vielleicht ist das des Kantors ganz privates Weihnachtsglück.

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