Hochbegabtentreffen in Bonn Auf einer Wellenlänge

BONN · Der größte Verein in Deutschland, in dem Hochbegabte zusammengeschlossen sind, heißt Mensa. Und die Mensianer veranstalten noch bis zu diesem Sonntag ihr Jahrestreffen in Bonn. Haupttagungsort: eben das Bristol.

 Einchecken im Hotel Bristol: Birgitta und Robert Klose (links) nehmen an der Tagung teil, die an diesem Sonntag endet. Heute werden die IQ-Preise vergeben.

Einchecken im Hotel Bristol: Birgitta und Robert Klose (links) nehmen an der Tagung teil, die an diesem Sonntag endet. Heute werden die IQ-Preise vergeben.

Foto: Barbara Frommann

Nun sitzt man im Seminarraum des Hotels Bristol und kann nicht umhin, etwas zu schmunzeln, ob der Dinge, die dort gerade geschehen. Es ist 14.45 Uhr, und der Vortrag von Dr. Eva Kalbheim neigt sich dem Ende zu. Sie hat das Buch „Gelassenheit für Dummies“ geschrieben und gibt der Zuhörerschaft gerade Anweisungen für eine gezielte An- und letztlich Entspannungsübung. Am Ende steht das Zitronengesicht und ein abschließendes „Atmen in den Bauch hinein“. Die Zuhörerschaft besteht aber nachweislich gar nicht aus Dummies. Es mögen so rund 150 Hochbegabte sein, die der Ärztin lauschen, die wiederum selbst eine Hochbegabte ist. 151 Hochbegabte also, das sind zusammengerechnet mindestens 19 630 IQ-Punkte, denn per definitionem gehören in diesen Kreis Menschen, die einen Intelligenzquotienten von 130 und darüber haben.

Das Leitwort des Mensa-Vereins lautet „Gemeinsam weiter denken“. Und so jagt ein Programmpunkt den nächsten: Lach-Yoga, Methodik zum Chinesisch-Lernen, Theater-Workshop, Bierverkostung, Selbstverteidigungskurs. Vor dem Bristol haben sich einige Tagungsteilnehmer mit ihren Segways im Kreis zusammengestellt und lernen die Regeln im Umgang mit diesen zweirädrigen Gefährten.

Drinnen trudeln immer wieder welche der 800 angemeldeten Teilnehmer ein und fallen einander in die Arme. Robert Klose erwischt es besonders herzlich, denn er hat Geburtstag. Das sei fast immer so bei den Jahrestreffen, sagt der Pressesprecher der Mensianer. Dennoch lässt er nie ein Treffen aus. Braucht er auch nicht, seine Frau Birgitta ist ebenfalls Vereinsmitglied. Ein elitärer Haufen, könnte man nun meinen. Aber Robert Klose sagt: „Hier gibt es alles, vom Bankmanager bis zum Hartz-IV-Empfänger.“ Er selbst ist Redakteur in Marl. Dennoch, erzählt er weiter, seien Hochbegabte, die intelligentesten zwei Prozent der Bevölkerung, noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Beim Verein riefen zuweilen besorgte Eltern an, die im Anschluss an die bestandenen IQ-Tests ihrer Kinder nach der Pille fragen, mit der sie das wieder in den Griff bekommen können, nach Therapeuten für das intelligente Kind oder ob sich das wieder auswächst.

Dabei ist doch das größte Problem des Hochbegabten, dass der Tag so furchtbar kurz ist, um all die spannenden Dinge unter einen Hut zu bekommen, die er bereithält. So sagen es übereinstimmend das Ehepaar Klose und das Ehepaar Babette Mairoth-Voigtmann und Max Voigtmann aus München. Bei der Grafikerin Babette Mairoth-Voigtmann ist es die Leidenschaft für Kunst, Frauenpolitik und Trambahn. Kloses beschäftigten sich mit Tauchen, Segelfliegen, Saxofonspielen und dem chinesischen Brettspiel Mah Jongg. „Wer weiß, was als nächstes kommt“, sagt Birgitta Klose.

Da kommt also eine breite Palette unterschiedlichster Interessen zusammen. Warum nun beispielsweise Max Voigtmann beschreibt, er habe mit seinem Beitritt zu den Mensianern endlich das Gefühl gehabt, etwas gefunden zu haben, was er lange gesucht hat? „Offenheit, Akzeptanz und eine gemeinsame Wellenlänge: Besser kann ich es nicht beschreiben.“ Die Art und Weise des Nachdenkens verbinde einander. Er betont aber: „Ich suche mir meine Freunde ganz sicher nicht nach dem IQ aus.“ So gibt es auch keine Prahlereien, wer beim Intelligenztest, den man für die Aufnahme absolvieren muss, die beste Punktzahl erreicht hat. Darüber werde nie gesprochen.

Lokale Ansprechpartnerin für den Bonner Ortsverein mit rund 300 Mitgliedern ist Anja Schwarzpaul. In der Schule waren ihre Noten mittelprächtig. Sie lief so mit, auch wenn die Lehrer schon erkannten, dass sie eine gute Auffassungsgabe hatte. Während des Studiums steuerte sie die Noten absichtlich in den Normalbereich. „Ich wollte mich unsichtbar machen“, sagt sie. Heute sieht sie das ziemlich gelassen und braucht dafür nicht einmal ein Zitronengesicht zu ziehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort