Ako-Pro Aufklärer soll "Sektenstruktur" aufdecken

BAD GODESBERG · Ein Bonner Psychologieprofessor soll's richten. Am Montag konnte Pater Johannes Siebner, Rektor des Alosiuskollegs (Ako), endlich den neuen Aufklärer von Missbrauchsfällen am Ako-nahen Ako-Pro-Seminar präsentieren.

Professor Arnfried Bintig nimmt jetzt seine Arbeit auf.

Professor Arnfried Bintig nimmt jetzt seine Arbeit auf.

Foto: GA (Repro)

Es ist der Bonner Psychologe und Soziologe Professor Arnfried Bintig, ein 65-jähriger emeritierter Experte für Sexualstraftaten und Opferprävention, der auch als Psychotherapeut und klinischer Psychologe arbeitet. "Wir sind froh, dass wir mit Professor Bintig jemanden gefunden haben, der zum einen die Unabhängigkeit der Untersuchung gewährleistet und zum anderen hinreichend Kompetenz und Empathie mitbringt, um die Untersuchung zu führen", sagte Pater Siebner, dem man die Erleichterung nach langer Expertensuche ansah.

Die Kölner Rechtsprofessorin Julia Zinsmeister hatte die Fortführung der Aufklärungsarbeit abgesagt. Das Ako und seine Kooperationspartnerin Annette Haardt-Becker von der Organisation Innocence in Danger standen in der rechtlich komplizierten Materie unter Druck, da sich eine aktive Opfergruppe gebildet hatte.

Zinsmeister hatte sich bis Anfang 2011 zwar auf die Fälle von Gewalt am Ako selbst konzentriert, hatte aber auch schon Erschütterndes zu Übergriffen am Ako-Pro-Seminar ermittelt. Dabei geriet dessen ehemaliger Leiter, der noch bis Ende 2010 selbst Ako-Angesteller war, immer mehr ins Fadenkreuz. Schon Zinsmeister warf ihm vor, er habe bis 2010 ein geschlossenes System von Lieblingen und Verlierern betrieben sowie sich strafrelevanter Grenzverletzungen bis zum Geschlechtsverkehr mit Schutzbefohlenen schuldig gemacht.

Dem GA liegen Informationen vor, dass der letzte mögliche Missbrauchsfall auf 2005 zu datieren ist. Vier Anzeigen gegen den Mann liefen bei der Bonner Staatsanwaltschaft ein. Der Beschuldigte selbst sagte dem GA dazu, er habe vor Gesetz wie jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung bezichtigt werde, das Recht, als unschuldig angesehen zu werden, bis Schuld in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen sei. Das ist bis heute nicht geschehen.

Der neue Aufklärer Professor Bintig, einst Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiast, soll nun die Missbrauchsvorwürfe weiterführend prüfen. Das "System Scouting" des Vereins, das wohl eine "Sektenstruktur" gehabt habe, so Pater Siebner, soll dabei ebenso im Blickpunkt stehen wie das Umfeld und die Rahmenbedingungen, die es ermöglichten. Bintig wird seine Arbeit nun "zeitnah" beginnen. Dabei dürfte auch der Aspekt spannend werden, inwieweit schon ausreichend Konsequenzen für die Prävention und die Organisationskultur gezogen wurden.

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