Bonn als Hochburg der Punk-Szene Aufstand der Beamtensöhnchen

Bonn · Der Film "Punk in Bonn" blickt auf die einstige Hochburg der Szene zu Hauptstadtzeiten zurück.

Punk ist Kontrast. Damals wie heute. Eine Abgrenzung vom Establishment, vom Bürgertum, von all jenen, die angepasst scheinen. Protest wider den Mainstream und das Mittelmaß, rebellisch und mitunter auch aggressiv.

Ende der 70er Jahre entstand der Punk im Londoner Untergrund und schwappte bald über den Ärmelkanal bis nach Deutschland, inspirierte Nina Hagen oder auch Jürgen Zeltinger. Eine der Hochburgen der Szene wurde Bonn, die Hauptstadt mit dem Kleinstadtcharme, Sitz von Bürokraten und Beamten.

Nun zeigt das Kult 41 auf ausdrücklichen Wunsch der Besucher zum wiederholten Mal den Dokumentarfilm "Punk in Bonn" des Regisseurs Moritz Hellfritzsch, der der Geschichte dieser alternativen Lebensart von 1977 bis 2012 nachfolgt, Bandmitglieder von Molotow Soda, Hammerhead, Mofabande und vielen anderen Formationen zu Wort kommen lässt und auch Originalaufnahmen von Konzerten oder Treffen am Kaiserplatz zeigt.

Gern gesehen waren die Punks nicht überall. Zu groß war die Angst vor Pöbeleien oder gar Ausschreitungen, zumal im Film konstatiert wird, dass die Bonner Szene durchaus "gewaltaffin" war. Andererseits betont Altpunker Sven Brux, der einst zahlreiche Konzerte in der Region organisierte und inzwischen Sicherheitsbeauftragter des FC St. Pauli ist, dass man in der Bundesstadt immerhin noch etwas gesitteter gewesen sei als in Köln.

Hier die Beamtensöhnchen, dort die Prolls. Den meisten Gastronomen war diese Unterscheidung egal: Hausverbote waren nicht unüblich, mitunter sogar ohne dass zuvor etwas vorgefallen war. Andererseits galten Kneipen wie das Namenlos oder das Bla, die bis heute existieren, als Epizentren des Punk.

Die zahlreichen Bands, die in jener Zeit entstanden, nutzten denn auch jede Gelegenheit zum Auftreten. Canal Terror oder Molotow Soda (beide um Frontmann Tommy Molotow) spielten auf jeder noch so kleinen Bühne, während in der Aula des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums Adam & the Ants der Menge einheizten. The Ruts oder Killing Joke traten in den Rheinterrassen auf. Und die Toten Hosen wirkten 1988 gar bei der Bonner Inszenierung von "Clockwork Orange" mit, schrieben die Musik - und den Hit "Hier kommt Alex".

Doch was ist mit den Punks von heute? Sie sind immer noch da, wenn auch vielleicht nicht mehr so allgegenwärtig wie früher. Vieles hat sich inzwischen nach Köln verlagert, wo zahlreiche Clubs wie Sonic Ballroom oder Sternhagel eher auf die Wünsche von Subkulturen eingehen können.

Die Bewegung allerdings, die ist Geschichte. Der Körperschmuck, den Punks einst als einzige pflegten, ist längst Allgemeingut geworden, Piercings und Fleischtunnel keine Rebellion mehr. Oder zumindest keine große. Punk-Kutten stammen inzwischen aus Modegeschäften, ebenso wie zerrissene Jeans.

Es ist ein Phänomen, das die Szene überall prägt, nicht nur in Bonn, zum Beispiel auch in Düsseldorf. Immerhin, auffallen können sie noch immer, etwa im Sommer am Kaiserplatz in Bonn, wo sie noch immer sitzen, wie schon vor 40 Jahren. Immerhin: Das Bla ist noch da oder das Kult 41, wo "Punk in Bonn" an diesem Samstag ab 20 Uhr präsentiert wird. Der Eintritt erfolgt gegen Spende.

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