Bonner Kunstprojekt mit Flüchtlingen Aus einem Baum wird in Tannenbusch ein Boot

TANNENBUSCH · Auf dem Hof der Thomas-Morus-Kirche in Tannenbusch steht ein toter Baum, die Krone ist bereits entfernt worden. Mit dem Stamm der Akazie hat Diakon Ralf Knoblauch aus Lessenich etwas Besonderes vor: In Zusammenarbeit mit der Aachener Bildhauerin Brele Scholz soll eine Gruppe Flüchtlinge daraus ein einfaches Boot herstellen, einen Einbaum.

 Vorbereitung der Kunstaktion: Rohmaterial ist dieser Stamm einer Akazie. Bernhard Kremser (l.), Arthur Andresasian und Ralf Knoblauch wuchten den Baumstamm für Kunstaktion auf den Hof.

Vorbereitung der Kunstaktion: Rohmaterial ist dieser Stamm einer Akazie. Bernhard Kremser (l.), Arthur Andresasian und Ralf Knoblauch wuchten den Baumstamm für Kunstaktion auf den Hof.

Foto: Horst Müller

„Nach der Spaltung des Stamms in zwei Hälften werden die groben Vorarbeiten mit der Kettensäge gemacht, danach kommen nur noch Handwerkzeuge zum Einsatz. Das erfordert Ausdauer und Muskelkraft“, erläuterte Knoblauch das Vorgehen.

Er ist selbst gelernter Tischler und hat Erfahrung mit Holzskulpturen, als Diakon arbeitet er schon länger mit Flüchtlingen. Sieben hat er für die erste Phase des Projekts ausgewählt, die meisten stammen aus Syrien. Voraussetzungen waren Geschick und Konstitution, manche bringen auch handwerkliches Wissen mit. „Einer hatte eine Schreinerei in Aleppo, da liegen jetzt nur noch Trümmer“, berichtete Knoblauch.

Für Phase zwei ist geplant, dass eine andere Flüchtlingsgruppe das Holz der verbliebenen Baumhälfte unter Anleitung der Künstlerin zu büstenhaften Selbstporträts formt. Während der Einbaum ein reines Gemeinschaftsprojekt sei, ließen die Büsten Raum für persönlichen, individuellen Ausdruck.

„Frau Scholz wird die Teilnehmer beraten, wie sie ihre Gefühle und Gedanken bildhauerisch umsetzen können“, sagte Knoblauch. Das Ziel der Aktion bestehe einerseits darin, über die Fluchterfahrung zu reflektieren - einige der bislang Ausgewählten seien tatsächlich über das Mittelmeer nach Europa gekommen, sagte Knoblauch: „Ich habe von manchen Handyvideos gezeigt bekommen. Man sieht, wie die auf winzigen Booten zusammengepfercht waren, ohne Witterungsschutz, stellenweise ohne Schwimmwesten. Das hat mich schockiert.“

Das Projekt soll andererseits integrativ wirken, die Arbeiten finden öffentlich auf dem Kirchenvorplatz statt. Interessierte Bürger sind eingeladen, diese aus der Nähe zu begutachten und das Gespräch zu suchen, ein Dolmetscher wird vor Ort sein. Die Kosten werden aus dem Fond „Neue Nachbarn“ des Erzbistums Köln finanziert, als Zeitfenster nannte Knoblauch die zwei Wochen vom 29. August bis 11. September.

Gearbeitet wird täglich von 9 bis 17 Uhr, die Skulpturen sollen dann zwei Jahre lang an verschiedenen Orten in Bonn zu besichtigen sein. „Wir haben jetzt schon Anfragen“, sagte Knoblauch, der den Flüchtlingen mit dem Projekt zu einem frischen Start verhelfen will.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort