Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium Ausstellung zum Ersten Weltkrieg - Schüler erforschten Dokumente

BONN · "Wann mag das enden? Nächstes Jahr um diese Zeit wird es wohl wieder wie früher sein. So Gott will. - Fastnacht 1915". Der Tagebucheintrag der Poppelsdorferin Anna Kohns (1883 - 1977) bewegt die Schüler der Klasse 9b immer noch. "Durch diese bedrückenden Aufzeichnungen rücken die grausamen Erlebnisse plötzlich in unsere Mitte", erzählt die 15 Jahre alte Schülerin Christina Schmehl.

 Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums präsentieren in ihrer Schule eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg.

Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums präsentieren in ihrer Schule eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg.

Foto: Volker Lannert

Mit ihrer Geschichtslehrerin Elisabeth Seidler haben sich die 14- bis 16-jährigen Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA) seit vergangenem Sommer auf Spurensuche nach Schicksalen des Ersten Weltkrieges gemacht. "Wir haben den Fokus ganz bewusst auf unsere Schule und die Umgebung gelegt, um die Grausamkeiten dieses Krieges und das Schicksal Einzelner, die oft nicht älter waren als wir, greifbar zu machen", sagt die 16-jährige Annika Glatter.

Dass sie jetzt in der Aula eine Vielzahl von Fotos und Biografien ehemaliger Schüler ausstellen können, verdanken sie einem Hausmeister. "Als 1944 nach einem Bombenangriff die ganze Schule in Flammen stand, rettete er das komplette Schularchiv", berichtet Elisabeth Seidler. "Das war unser Glück." Abgangszeugnisse, Notabiturarbeiten und die Einberufungsbescheide ehemaliger EMA-Schüler entdeckten die Neuntklässler beim Stöbern im Keller des heutigen Gymnasiums.

Nach Recherchen im Stadtarchiv fanden sie schließlich die Gräber von drei ehemaligen Schülern, die an der Front gefallen waren, auf dem Poppelsdorfer Friedhof: von Richard Skaide sowie Fritz und Gereon Abs. Schnell fanden sie in Bonn Familienangehörige der drei Weltkriegs-Soldaten. In Gesprächen mit ihnen erfuhren sie weitere Details über die jungen Männer und das Leben an der Front, aber auch darüber, welche Sorgen und Ängste die Eltern zu Hause hatten.

Während Anna Kohns Hoffnungen und Furcht ihrem Tagebuch anvertraute, waren viele junge Männer zu Beginn noch Feuer und Flamme für den Kampf. So wie Friedrich Andreas Ferdinand. Ein Auszug aus seiner Abiturarbeit: "Betrachtet man die Schrecken des Krieges, so muss man sich auch das Gute, was er uns bringt, vor Augen halten. Gerade wir Deutschen verdanken dem Krieg schon viel." Und Albert Carl Roerdanz führte in seinem Aufsatz zum Notabitur 1915 aus: "Dieselbe reinigende und erfrischende Wirkung, die ein Gewitter auf die Natur hat, brachte der Krieg in unserem Land zu Wege. Die Wahrheit und der Edelmut schieden sich von der Heuchelei und Erbärmlichkeit."

Er bekam für seine Arbeit die Gesamtnote "Genügend" und kehrte nach den Prüfungen sofort zum Heer zurück. "Für mich als Lehrer war interessant, wie die damaligen Kollegen bewertet haben", so Elisabeth Seidler. "Kritische, zum Teil auch traurige Anmerkungen findet man immer wieder in den Korrekturen."

Und was hat die heutigen Schüler bei den Recherchen am meisten berührt? "Die knappe Lebensmittelration fand ich erschreckend. Ich glaube, das war nur ein Drittel von dem, was ich heute esse", mein Annika Glatter. Für Anna Kaiser, 14 Jahre alt, stellte sich allerdings ein ganz anderes Problem: "Es war schwer, die Sütterlin-Schrift zu lesen", meint sie und zeigt einen weiteren Tagebucheintrag von Anna Kohns: "Gibt es denn keinen Himmel und keinen Gott, der solchem Elend und Jammer, wie er jetzt herrscht, ein Ende setzt? - 1. Oktober 1916."

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