Kommission untersucht Bundesjustizministerium Ausstellung zur NS-Vergangenheit im Bonner Landgericht

Bonn · Interessante Ausstellung im Bonner Landgericht: Eine unabhängige wissenschaftliche Kommission hat untersucht, wie das Bundesjustizministerium in den 1950er und 1960er Jahren mit der NS-Vergangenheit umgegangen ist.

 Eröffnung der Wanderausstellung „Die Rosenburg – Das Bundesjustizministerium im Schatten der NS-Vergangenheit“

Eröffnung der Wanderausstellung „Die Rosenburg – Das Bundesjustizministerium im Schatten der NS-Vergangenheit“

Foto: Benjamin Westhoff

Neuanfang mit Mitläufern und Tätern: Als mit der Gründung des Bundesjustizministeriums die Weichen für einen demokratischen Neuanfang Deutschlands gestellt wurden, eröffneten sich auch für viele Juristen, die tief in das Unrecht der Nazi-Herrschaft verstrickt waren, neue berufliche Perspektiven – mit fatalen Folgen für die junge Republik.

Die einstigen Täter wurden nicht bestraft und lebten unbehelligt weiter, die Opfer wurden ignoriert und die dringend notwendige Aufarbeitung des Unrechts verdrängt. Schlimmer noch: Die Ideologie der Nationalsozialisten prägte in Teilen auch das Rechtsdenken in der jungen Bundesrepublik und machte etwa Homosexuelle oder Sinti und Roma erneut zu Opfern. Das alles wird in einer Ausstellung thematisiert, die zurzeit im Bonner Landgericht zu sehen ist.

Eng verbunden mit diesem Kapitel deutscher Geschichte ist die Rosenburg in Kessenich. In der Villa hatte das Bundesjustizministerium von 1950 bis 1973 seinen Sitz. „Die Rosenburg – das Bundesjustizministerium im Schatten der NS-Vergangenheit“ lautet der Titel der Wanderausstellung des Ministeriums. Mit Originalexponaten, Ton- und Filmdokumenten sowie Zeitzeugenberichten, Opfer- und Täterbiografien sowie beispielhaften Gesetzestexten arbeitet die Ausstellung die Vergangenheit auf.

Die Ergebnisse der „Akte Rosenburg“ sind erdrückend

Vier Jahre lang hat eine unabhängige wissenschaftliche Kommission untersucht, wie das Bundesjustizministerium in den 1950er und 1960er Jahren mit der NS-Vergangenheit umgegangen ist. „Die Ergebnisse der ,Akte Rosenburg´ sind bedrückend“, erklärt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in der Begleitbroschüre. „Weil sich viele Juristen als unpolitische Rechtstechniker verstanden, wurden sie in der NS-Zeit zu Mittätern des Unrechts. Später verhinderte falscher Korpsgeist eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Geschichte, und ein Mangel an rechtsstaatlicher Haltung machte sie zu Bremsern der demokratischen Erneuerung.“

Wie sehr das neue Ministerium auf alte Seilschaften zurückgriff, belegen Zahlen: 1951 waren 267 von insgesamt 900 Stellen mit Beamten des ehemaligen NS-Staates besetzt, bis 1953 waren es sogar 513 von insgesamt 968 Beschäftigten. Die dunkle Vergangenheit vieler Juristen störte offenbar nicht. „Das Bundesministerium der Justiz gilt in Bonn als das qualitativ beste der Ministerien. Es verfügt über Mitarbeiter, die von besonderer Qualität und von besonderer Bereitschaft des Dienstes an unserer demokratischen Staatsordnung erfüllt sind“, wird 1965 der damalige Bundesjustizminister Richard Jaeger (CSU) zitiert.

Die Ausstellung will jedoch nicht nur Tatsachen präsentieren, sondern die Besucher auch zur Auseinandersetzung mit dem Thema animieren. Auf alten Olympia-Schreibmaschinen können sie ihre Gedanken formulieren und das Geschriebene an einer Pinnwand aufhängen. „Wer in der Demokratie schläft, der wacht in der Diktatur auf“, ist dort etwa zu lesen. „Leider lernen die Menschen selten aus der Geschichte, oft wiederholt sie sich“, steht auf einem anderen Blatt. „Demokratie ist kein Selbstläufer. Man muss sich ständig für sie einsetzen“, mahnt hingegen ein anderer Besucher.

Die Ausstellung „Die Rosenburg“ ist noch diesen Dienstag und Mittwoch jeweils von 10 bis 16 Uhr im Landgericht, Wilhelmstraße 21, zu sehen. Als nächste Station wird sie zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung am 26. und 27. August im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin zu sehen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort