"Leben mit Autismus Bonn/Rhein-Sieg/Eifel" Autismus hat sehr viele Ausprägungen

BONN · Einblicke in die unterschiedlichen Ausprägungen von Autismus bekamen Besucher am Samstag in der Johannesschule. Dorthin hatte der Verein "Leben mit Autismus Bonn/Rhein-Sieg/Eifel" geladen.

 Autismus im Fokus: Peter Schumacher (l.), Angela Sichelschmidt mit Dieter Klawan.

Autismus im Fokus: Peter Schumacher (l.), Angela Sichelschmidt mit Dieter Klawan.

Foto: Flick

"Dies ist die bundesweit größte Infoveranstaltung für Autismus. Hier reisen Personen aus ganz Deutschland an", sagte der Vorsitzende Peter Schumacher. Der Verein hatte sich 2009 mit dem Ziel gegründet hatte, Autisten zu helfen und bietet ihnen heute Angebote von Breitensport bis zu Natur- und erlebnispädagogischen Freizeiten an.

Die Besucher in der Johannesschule erwarteten Vorträge und Workshops zu verschiedenen Themenbereichen rund um Autismus. "Es ist uns wichtig, nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Betroffene selbst zu Wort kommen zu lassen", sagte Schumacher. Einer von ihnen war Dieter Klawan. Er hatte sich im Alter von vier Jahren das Lesen beigebracht und konnte wenig später fließend aus einer Tageszeitung vorlesen.

Auch eine besondere Vorliebe für Zahlen hatte er schon immer gehabt. Zu diesem Zeitpunkt hatte aber noch keiner vermutet, dass er Autist sein könnte. Die Diagnose des Asperger-Syndroms kam erst nach einem Zusammenbruch vor fünf Jahren. "Die Diagnose war eine Erleichterung, weil ich endlich eine Erklärung dafür bekam, warum ich so bin wie ich bin. Plötzlich wird einem alles klar", sagt der heute 53-Jährige. Der Diplom-Mathematiker wurde als arbeitsunfähig entlassen und hat alle Zukunftspläne geändert. "Ich habe versucht, mehr Rücksicht auf mich zu nehmen."

Als Klawan noch ein Kind war, war die Autismus-Spektrum-Störung bei Ärzten noch ein unbekannter Begriff. Erst in den 1980er Jahren wurden die ersten Diagnosen entwickelt. Durch Filme wie "Rain Man" ist der Autismus stärker in die Öffentlichkeit gerückt, doch ist er unheimlich facettenreich und reicht von schwerster geistiger Behinderung bis hin zu hoher Intelligenz. Insgesamt gibt es 100 verschiedene Ausprägungen von Autismus und somit auch viele unterschiedliche Definitionen, die alle richtig sein können.

Viele Menschen merken offenbar erst sehr spät oder sogar gar nicht, dass sie Autisten sind. "Autismus ist zunächst unsichtbar", sagte Referentin Regine Winkelmann, die auch von ihren eigenen Erfahrungen als Autistin berichtete. Nicht zuletzt aufgrund von Kommunikationsdefiziten stehe man schon als Kind am Rande der Gesellschaft. Für autistische Schüler sind Gespräche mit anderen Kindern eine Herausforderung. "Die Pause in der Schule ist ein mit Fettnäpfchen übersäter Kampfplatz", erklärt Winkelmann. "Es ist wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich das Kind adäquat entwickeln kann", sagt Angela Sichelschmidt, Leiterin der ersten Autismus-Praxis in Bonn, die im vergangenen Jahr eröffnet wurde.

Die Mitbegründerin des Vereins hat sich am Institut für Autismusforschung zur Autismus-Therapeutin ausbilden lassen und war eine der ersten, die diesen neuen Ausbildungsgang im Jahr 2013 erfolgreich abgeschlossen hatten. Da es sich bei Autismus um eine angeborene, unheilbare Wahrnehmungsstörung handelt, kann man diese zwar therapieren, aber nicht heilen. "Autist bleibt der Mensch sein Leben lang", betonte Winkelmann.

Weitere Informationen auf www.lebenmitautismus.de

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