Zweiter Verhandlungstag Baby Pauls Mutter spricht von panischer Angst

BONN · 21-jährige Studentin beteuert vor Gericht, dass sie zwei Stunden mit dem Fahrrad umherfuhr, bevor sie ihren Säugling aussetzte.

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen die Mutter von Baby Paul sind gestern unter anderem die Mutter der 21 Jahre alten Angeklagten und der geheim gehaltene Kindsvater gehört worden. Wie berichtet, muss sich die 21 Jahre alte Sportstudentin wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten, da sie ihr neugeborenes Kind im Juni 2014 in einen Turnbeutel gesteckt und diesen dann in einem Gebüsch in Küdinghoven abgestellt hatte.

Vor allem die Beziehung zur Mutter, die seit zwölf Jahren vom Vater der 21-Jährigen getrennt lebt, wurde intensiv hinterfragt. Anscheinend hatte die Studentin panische Angst davor, dass die 61 Jahre alte Lehrerin etwas von der ungewollten Schwangerschaft erfährt.

So äußerte die Angeklagte beispielsweise bei einer richterlichen Vernehmung im vergangenen August, dass sie eine stationäre Therapie machen und auf keinen Fall zurück zur Mutter wolle. Die 21-Jährige damals: "Bevor ich zu meiner Mutter gehe, gehe ich lieber ins Gefängnis."

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Josef Janßen, warum ihre Tochter so eine Angst hatte, antwortete die 61-Jährige: "Das frage ich mich auch." Die kühl wirkende Frau räumte ein, dass in der Vergangenheit in der Familie zu wenig über Gefühle gesprochen worden sei. "Das ist mir inzwischen klar geworden", so die Mutter. Sie betonte jedoch, dass es einen liebevollen Umgang gegeben habe und sie selbst davon ausging, ein gutes Verhältnis zur Tochter zu haben. Als sie erfahren habe, dass ihre Tochter die Mutter von Baby Paul sei, sei für sie "erst einmal die Welt zusammengebrochen".

Beim ersten Besuch der Tochter in der Untersuchungshaft habe man gemeinsam geweint. Dabei habe sie der Tochter auch gesagt, dass sie hinter ihr stehe und sie die Tochter liebe. "Ich war froh zu hören, dass es so ausgegangen ist, dass alle leben", so die 61-Jährige.

Für den 33 Jahre alten Kindsvater, dem die Angeklagte die Schwangerschaft auch verheimlichte, war sie "die Liebe meines Lebens". Als die Studentin ihm nach der Festnahme mitgeteilt habe, dass sie ihn nie richtig geliebt habe, sei das ein "Schock" gewesen. Dass das Paar am Tatabend bis auf eine etwa zweistündige Pause ständigen Kontakt über eine mobile Nachrichten-App hatte und sie ihm offenbar nach der Geburt des Kindes erstmals schrieb, dass er ihre große Liebe sei, irritierte die Richter. Der Vorsitzende fragte die 21-Jährige noch einmal, ob sie wirklich zwei Stunden mit dem Fahrrad umhergefahren sei, bevor sie das Baby abgelegt habe. Die Angeklagte beteuerte daraufhin: "Es war wirklich so."

Je weiter die Vernehmung des Kindsvaters fortschritt, desto mehr zitterte die Studentin am ganzen Körper. Immer wieder weinte sie, auch als der 33-Jährige berichtete, dass er den Jungen gerne zu sich genommen und mit Hilfe seiner Eltern großgezogen hätte. Derzeit sieht es jedoch danach aus, dass die Pflegefamilie, die Baby Paul nur wenige Tage nach der Geburt aufgenommen hatte, das Kind adoptieren wird. Der Prozess wird fortgesetzt.

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