Bundesweiter Aktionsplan Bahnlärm: Der Bürger hat das Wort

BONN · Bahnlärm ist deutschlandweit ein großes Problem - auch in Bonn und der Region. Besonders entlang der Rheinschiene sind die Menschen geplagt. Am gestrigen Tag gegen Lärm geriet das Thema wieder verstärkt in den Fokus.

 Der Güterverkehr sorgt vor allem in angrenzenden Wohngebieten - wie hier in Unkel - für Lärm.

Der Güterverkehr sorgt vor allem in angrenzenden Wohngebieten - wie hier in Unkel - für Lärm.

Foto: Homann

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) mit Sitz in Bonn gibt Betroffenen bis zum 31. Mai online die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit dem Lärm mitzuteilen. Sie können sehr umfangreiche Angaben zur Art, dem Ort und der Quelle der Störung machen. Eingebettet ist diese Maßnahme in die sogenannte Lärmaktionsplanung, die das Amt im Januar gestartet hat.

Ein Betroffener aus Königswinter-Niederdollendorf hat sich bereits beteiligt: Er fühle sich rund um die Uhr von Güterverkehr und all seinen Begleiterscheinungen wie "Brückendröhnen" oder "Lautsprecherdurchsagen an Haltestationen" gestört - beim Einschlafen, Ausschlafen, bei Unterhaltungen, beim Entspannen, Fernsehen und vielem mehr.

Auch aus Bonn haben schon einige Bürger ihre Erfahrungen kundgetan. Doch die Sache hat für sie einen Haken. Es werden nämlich nur Gebiete außerhalb von Großstädten berücksichtigt. Das heißt: Wer in Bonn wohnt, kann sich zwar beteiligen, doch das EBA ist für die Verwertung dieser Angaben gar nicht zuständig. "Vielleicht leiten wir diese Daten an die Länder oder Kommunen weiter. Vereinbart ist aber noch nichts", sagt Marcel Werner, beim EBA verantwortlich für die Durchführung des Lärmaktionsplanes. "Weil in Ballungsgebieten noch viel mehr Lärmquellen hinzukommen, sind auch andere Ämter zuständig", sagt Werner.

Die Städte Königswinter und Bad Honnef haben ihre Bürger in einer Mitteilung extra auf die Möglichkeit der Beteiligung an dem Lärmaktionsplan hingewiesen. Andere betroffene Kommunen hatten davon bisher noch gar keine Kenntnis oder "prüfen die Sache erst einmal", wie etwa Karsten Fehr, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Unkel, sagt.

Kritik kommt aus der Verbandsgemeinde Linz: "Wir werden unsere Bürger auffordern, sich daran zu beteiligen, allerdings sehen wir diese Maßnahme eher als formalen Prozess an", sagt Bürgermeister Hans-Günter Fischer. "So etwas ersetzt politisches Handeln nicht. Wir erleben hier seit Jahrzehnten, dass die Menschen bei Sanierungsmaßnahmen am Ende des Zuges sitzen, weil das Obere Mittelrheintal Vorrang hat. Wir werden immer wieder vertröstet und fühlen uns veräppelt. "Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Öffentlichkeit einbezogen wird. Zwar hat sich der Bund schon länger freiwillig mit 120 Millionen Euro jährlich um die Lärmminderung gekümmert, doch der Lärmaktionsplan und die Beteiligung der Öffentlichkeit sind neu - und gesetzlich verpflichtend. "Wir wollen damit die Lärmminderung vorantreiben", versichert Marcel Werner.

Ende des Jahres sollen sich die Bürger noch einmal äußern können - dann zum Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung.

Betroffene können sich unter www.laermaktionsplanung-schiene.de beteiligen.

SPD fordert Umrüstung

Bonn gehört zu den lautesten Städten in Deutschland. Einer der Gründe dafür ist die Bahntrasse, die durch die Stadt verläuft. Dabei versucht man den Lärm zu reduzieren. "Mit den Lärmschutzmaßnahmen der Schienenstegdämpfer und der Mini-Schallschutzwände haben wir hier eine Reduzierung des Bahnlärmes von etwa zwei bis drei Dezibel erreichen können. Kern der Maßnahmen muss aber die Umrüstung aller Güterwaggons sein", erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber gestern.

Nach Auskunft des Politikers seien schon die ersten 75 000 Waggons mit den sogenannten Flüsterbremsen ausgerüstet. Bis einschließlich 2020 müssen - laut Koalitionsvertrag - alle Güterwagen umgerüstet sein, passiert dies nicht, dürfen diese nicht mehr auf die Schienen gebracht werden. "Die Gesamtkosten für die Umrüstung belaufen sich auf 1 Milliarde Euro. Das ist günstig, wenn man so den Lärm und die Folgewirkungen reduzieren kann."

Nach der Umrüstung der Güterwagen müssten nach Meinung des SPD-Politikers auch die Lokomotiven sich einer Modernisierung unterziehen. Aber dies sei laut Kelber ein "Projekt für die Zukunft".

Der Lärmaktionsplan

Der Lärmaktionsplan fußt auf einer EU-Richtlinie, die allen Mitgliedsländern vorschreibt, eine solche Maßnahme durchzuführen. Für den Schienenverkehr außerhalb von Ballungsgebieten ist laut Bundes-Imissionsschutzgesetz das Eisenbahnbundesamt zuständig. Dieses sieht die Lärmaktionsplanung als Managementinstrument, um drei verschiedene Maßnahmen konzeptionell zusammenzuführen.

Einerseits das freiwillige Programm des Bundes, der jährlich bereits 120 Millionen Euro in die Sanierung der Bahnstrecken steckt, andererseits die bisherige Lärmkartierung als bestehende Programme. Zusätzlich kommt nun die Beteiligung der Öffentlichkeit hinzu. Bis 2016 soll der erste Lärmaktionsplan stehen. Ab 2018 wird er alle fünf Jahre neu erstellt. Er umfasst 13.400 Kilometer Schienenstrecke und betrifft gut vier Millionen Bürger.

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